Auseinandersetzungen um Jahrhundertprojekte sind keine Tarifverhandlungen. Diese Erkenntnis mag Heiner Geißler beiseitegeschoben haben, als er die Rolle des Schlichters übernahm. Von einem Demokratie-Experiment war die Rede, und manche wollten in dem 80-Jährigen gar den Messias einer neuen politischen Kultur erkennen. Doch die Schlichtung bei Stuttgart 21, deren Ergebnis an diesem Dienstag verkündet wird, taugt nicht als Modell für künftige Großkonflikte. Zu begrenzt ist ihr Erfolg.

Ganz gleich, wie die Empfehlungen im Einzelnen ausfallen: Eine Einigung ist nicht in Sicht. Wie sollte sie auch? Anders als zwischen Tarifforderungen kann es zwischen einem überirdischen Kopfbahnhof und einem unterirdischen Durchgangsbahnhof keinen Kompromiss geben. Ein Volksentscheid, den die Projektgegner erzwingen wollen, kann ebenfalls nicht das Ergebnis der Schlichtung sein. Entscheidungen, die nach den Regeln repräsentativer Demokratie zustande gekommen sind, sollten nicht mit Instrumenten direkter Demokratie ins Gegenteil verkehrt werden.

Die Versachlichung der Auseinandersetzung wird immer wieder als Erfolg der Schlichtung genannt. Allerdings ist fraglich, ob es in den nächsten Wochen sachlich bleibt. Die Grünen, die ihren Widerstand in Wählerstimmen ummünzen wollen, tragen eine besondere Verantwortung.