Pjöngjangs Aggression hat allein innenpolitische Ursachen
Am 11. April 1951 traf der amerikanische Präsident Harry S. Truman eine schwere Entscheidung: Er feuerte General Douglas MacArthur, gefeierter Sieger der Pazifik-Schlachten im Zweiten Weltkrieg, als Oberbefehlshaber der Uno-Truppen im Korea-Krieg. MacArthur hatte gefordert, bis zu 50 Atombomben auf chinesische Städte abzuwerfen. Denn Mao Tse-tungs China, unterstützt von Josef Stalins Sowjetunion, war die starke Macht hinter dem nordkoreanischen Angriff auf Südkorea. Dieser "vergessene Krieg" (1950-53) forderte vier Millionen Todesopfer, brachte eine Konfrontation zwischen einer halben Million chinesischer Soldaten und der US-Armee, fast einen Atomkrieg und zementierte die Spaltung der Welt in Ost und West. Stalin, der Kampfflugzeuge in Korea einsetzte, nutzte den Großkonflikt, um in seinem Schatten die sowjetische Atomrüstung voranzutreiben.
Sechs Jahrzehnte später stehen sich noch immer zwei hochgerüstete Koreas kampfbereit gegenüber. Doch die Sicherheitsarchitektur in Asien hat sich dramatisch verändert. Zwar verfügt Nordkorea inzwischen vermutlich über einige Atomwaffen, doch im Gegensatz zu 1950 sind weder Moskau noch Peking an einem neuen Kriegsausbruch interessiert.
Russland sucht und benötigt die Partnerschaft mit dem Westen, und Chinas Wirtschafts- wie Finanzsystem ist derart symbiotisch mit dem westlichen verflochten, dass jeder Krieg in Asien nur verheerende Folgen haben könnte. Beide Großmächte wären keinesfalls bereit, einen Stellvertreterkrieg mit dem Westen zu führen - Nordkorea steht allein.
Die Hintergründe für die nordkoreanische Aggression liegen diesmal ausschließlich in Pjöngjang. Fünf Millionen Nordkoreanern drohen Unterernährung oder gar der Hungertod. Pjöngjang benötigt dringend Hilfe - in Form von fast einer Million Tonnen Getreide und auch Treibstoff.
Bereits in der Vergangenheit hat Nordkorea Krisen ausgelöst, um vom Westen Hilfslieferungen zu erpressen.
Vor allem aber ist Nordkorea aufgrund innenpolischer Verwerfungen derzeit ein "Angstbeißer". Machthaber Kim Jong-il ist todkrank, sein als Nachfolger auserkorener Sohn Kim Jong-un hat noch lange nicht die politische Statur des Vaters. Die militärische Aggression gegen Südkorea könnte vom siechen Diktator als klassisches Entlastungsmanöver befohlen worden sein, um innenpolitische Geschlossenheit zu erzwingen. Sie könnte aber auch auf erste Rebellionen der Hardliner in Nordkoreas mächtigem Militär hindeuten.