Im Sommer Griechenland, jetzt Irland und demnächst vermutlich auch Spanien und Portugal: Lange hat sich Irland in seiner komfortablen Stellung als europäischer Finanzplatz gesonnt - und offenbar zu spät gegengesteuert, als Ende 2008 das wahre, zerstörerische Ausmaß der weltweiten Finanzmarktkrise sichtbar wurde. Jetzt ruft der irische Patient nach milliardenschweren Unterstützungszahlungen von der EU und dem Internationalen Währungsfonds.
Die EU wird helfen müssen. Sonst riskiert sie, dass die Gemeinschaftswährung Euro nach dem Straucheln einiger Mitgliedstaaten ins Bodenlose fällt. Doch auch Irland muss dringend handeln. Die Unternehmenssteuern, deren niedriger Satz in der Vergangenheit zahlreiche Firmen aus anderen EU-Ländern auf die Insel gelockt hat, müssen erhöht werden. Dass Irlands Finanzminister Brian Lenihan dies gestern noch ablehnte, ist grob fahrlässig.
Die Finanzkrise und ihre jetzigen Folgen enthüllen einen Systemfehler in der EU. Bei der Einführung des Euro hatte man gehofft, aus zahlreichen europäischen Staaten einen großen, einheitlichen Wirtschaftsraum schaffen zu können. In guten Jahren reichte dazu eine Gemeinschaftswährung aus, in schlechten Zeiten aber bedarf es neben einer Währungs- auch einer Wirtschaftsunion. Um deren Etablierung muss jetzt gerungen werden. Nur mit einer gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzpolitik erhält der Traum von den Vereinigten Staaten von Europa eine zukunftsfähige Basis. Dann können auch Strauchelkandidaten wie Griechenland oder Irland schneller an die Kandare genommen werden.