Ahlhaus bat HSH-Aufsichtsratschef telefonisch um Abberufung Dirk Jens Nonnenmachers. Opposition fürchtet noch unwägbare Risiken
Hamburg/Kiel. Die Überschrift der Pressemitteilung des Senats von gestern Mittag ist vernichtend: "Zocken und Daddeln um Geld: Nur vermeintlich ein Spaß - mit oft verhängnisvollen Folgen."
"Gezockt" wurde nach Einschätzung vieler Experten wirklich in der HSH Nordbank, Milliarden wurden weltweit ohne echte Risikokontrolle bewegt. "Verhängnisvoll" waren die Folgen auch: 2,8 Milliarden Euro Minus im Jahre 2008, Vorstandschef Hans Berger musste gehen. Jetzt hat es auch seinen Nachfolger Dirk Jens Nonnenmacher erwischt. Davon kündete aber nicht die Senatsmitteilung von 12.21 Uhr, die in Wahrheit auf eine Fachtagung zur Vermeidung von Glücksspiel hinwies, sondern die "Stellungnahme des Senats zum Vorstandsvorsitz HSH Nordbank" von 14.21 Uhr. Kurz und knapp hieß es darin: "Senat und Landesregierung haben heute den Aufsichtsratsvorsitzenden Hilmar Kopper gebeten, die erforderlichen Schritte einzuleiten, um eine Trennung von Prof. Nonnenmacher zu erreichen und den Vorstandsvorsitz der HSH Nordbank neu zu besetzen. Beide Regierungen betrachten diesen Schritt als notwendig, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen." Schon um 13.10 Uhr hatte Ahlhaus Kopper telefonisch um die Trennung gebeten.
Außer der Tatsache, dass der Aufsichtsratsvorsitzende zugesagt habe, dem Wunsch der Anteilseigner - Hamburg und Schleswig-Holstein gehören 85,5 Prozent der HSH - umzusetzen, ließen sich die Regierungssprecher in Hamburg und Kiel keine weiteren Details entlocken. Alles sei nach Plan gelaufen, hieß es später. Die Länder hätten vor zwei Wochen gemeinsam die Weichen für den Rauswurf Nonnenmachers gestellt und jetzt den Ball in die Spielhälfte der Bank gekickt.
In der Länderharmonie gibt es allerdings Risse. Bis zur letzten Minute wurde darüber gestritten, ob die gemeinsame Erklärung einen Hinweis auf eine Millionenabfindung für Nonnenmacher enthalten soll. Hamburg lehnte das erfolgreich ab. In Kiel bleibt man dabei, dass es bisher keine nachweisbare Pflichtverletzung Nonnenmachers gibt und mithin ein Millionenscheck die sauberste und schnellste Lösung wäre.
Aufsichtsratschef Hilmar Kopper hatte sich lange stark gemacht für Nonnenmacher, der die Bank in den vergangenen Monaten operativ erfolgreich geführt hatte. So konnte die HSH Nordbank ihren Verlust schneller reduzieren als geplant. Dem Vernehmen nach soll Kopper auch über den Kommunikationsstil der Politik verärgert sein und vor allem aus der Presse über die Pläne der Länder erfahren haben.
Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki zeigte sich am Mittwoch zufrieden. Eine mögliche Abfindung sei immer noch billiger als die Einschaltung weiterer Anwälte und Wirtschaftsprüfer. In einem Aufhebungsvertrag müsse es eine Klausel geben, die Nonnenmacher verpflichte, im Fall von später festgestellten Verfehlungen die Abfindung zurückzuzahlen.
Die Opposition begrüßte die Entscheidung des Senates, sich von Nonnenmacher trennen zu wollen, beklagte aber, dass dieser Schritt viel zu spät erfolgt sei. "Das Aussitzen dieser Entscheidung hat dazu geführt, dass es nicht mehr nur um die Rolle der Bank geht, sondern inzwischen auch das Vertrauensverhältnis zur Politik massiv gestört ist", sagte der finanzpolitische Sprecher der Linken, Joachim Bischoff. "Man müsste eigentlich nicht nur in der Bank Konsequenzen ziehen."
Hamburgs SPD-Fraktionschef Michael Neumann befürchtet, dass auf die Länder weitere Kosten zukommen: "Bereits vor einem Jahr mussten wir 2,9 Millionen Euro dafür bezahlen, dass Herr Nonnenmacher bleibt, und ich fürchte, dass mindestens dieser Betrag ein zweites Mal fällig wird, damit er geht." Neumann warf Ahlhaus vor, sich "weggeduckt" zu haben, weil er die Entscheidung nicht selbst der Öffentlichkeit präsentiert hat.
Auch in Kiel sind sich alle Parteien einig, dass Nonnenmacher gehen muss. "Der Schritt war überfällig", sagte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Für die CDU hat die Sanierung der Bank oberste Priorität.
Seite 2 Leitartikel: Menschliches Versagen