Hafenchef Jens Meier im Abendblatt-Interview über die Finanzierung notwendiger Investitionen und bessere Umschlagzahlen.

Hamburg. Der neue Wirtschaftssenator Ian Karan hat die Wende in der Hafenpolitik der Stadt eingeleitet. Von 2014 an sollen zu den Einnahmen der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) jährlich wieder 100 Millionen Euro zur Finanzierung des Hafens zugeschossen werden. Was bedeutet das für die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen, und wie sieht die künftige Strategie der HPA aus? Das Abendblatt sprach mit Hafenchef Jens Meier.

Hamburger Abendblatt:

Herr Meier, ist mit der Neuausrichtung das Konzept "Hafen finanziert Hafen" gescheitert, über das die Mittel für Investitionen über Einnahmen gedeckt werden sollten?

Jens Meier:

Jein. Bei dem Prinzip "Hafen finanziert Hafen" ging es in seiner ursprünglichen Bedeutung nur darum, dass die Milliarde aus dem Börsengang der HHLA zu 100 Prozent dem Hafen wieder zufließen sollte. Das geschieht. Neben diesem Geld sollten aber zusätzliche Haushaltsmittel und Einnahmen der HPA für die Hafeninfrastruktur zur Verfügung stehen. Dieser Aspekt wurde jetzt durch den ersten Bürgermeister und den Wirtschaftssenator wieder geradegerückt.

Sie erkennen also die Kritik des Rechnungshofs an, nach der das Geld nicht wie vorgesehen nur für Investitionen genutzt werden sollte?

Meier:

Es wäre mir auch lieber, wenn sich die Investitionen klar in Ausbau- und Ersatzmaßnahmen aufteilen ließen. Das ist aber nicht so einfach. Beispiel: Die neue Retheklappbrücke ist zum einen eine Ersatzinvestition für die alte Verbindung, wird aber die Durchfahrt von mehr Lkw und Zügen zulassen. Wenn die Effizienz im Hafen steigen soll, muss die vorhandene Infrastruktur einwandfrei funktionieren. Letztlich hatten wir als HPA aber keinen Einfluss auf die politische Entscheidung, zunächst mit den HHLA-Mitteln zu arbeiten.

Unternehmen fürchteten vor dem Senatsbeschluss wegen Miet- und Pachterhöhungen um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Entspannt sich die Lage jetzt?

Meier:

Ein Teil der Lücke für notwendige Investitionen braucht nicht mehr geschlossen werden, und die HHLA-Mittel reichen wegen des Konjunktureinbruchs nicht nur bis Ende 2012, sondern ein Jahr länger. Das entschärft die Diskussion. Die Sorgen der Firmen kann ich nachvollziehen, weil auch Zahlen darüber vorlagen, wie hoch die Gebühren bei einer kompletten Kostendeckung gestiegen wären.

Wie sicher sind Sie, dass nach einem Regierungswechsel auch 2014 noch die 100 Millionen Euro jährlich für den Hafen bereitstehen?

Meier:

Ich denke, das ist sicher, und ich hoffe, wir werden die Gelder in der mittelfristigen Finanzplanung sehen.

Was ist an Kostensteigerungen im Hafen künftig zu erwarten?

Meier:

Die Mieten und Pachten für alle bestehenden Verträge sind mit dem Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) bis Ende 2015 einvernehmlich abgestimmt. Vereinbart sind jährliche Steigerungen zwischen zwei und vier Prozent.

Ist die Situation bei neuen Mietverträgen im Hafen anders?

Meier:

Das sind derzeit noch Einzelfälle. Aber hier verhandeln wir direkt mit den Firmen und orientieren uns in erster Linie an der Lage der Grundstücke und der Vertragsdauer. Solche Mieten können deutlich höher oder günstiger ausfallen als das derzeitige Niveau im Hafen. Wir achten aber darauf, dass Unternehmen aus ähnlichen Branchen gleichbehandelt werden.

Wie soll die Entschädigung für Firmen geregelt werden, die nach Ablauf ihrer Verträge ihr Gelände verlassen müssen, aber im Hafen investiert haben?

Meier:

Eine Entschädigung bei auslaufenden Verträgen ist derzeit nicht mehr vorgesehen. Das gilt schon seit der Veränderung der Vertragsbedingungen von 2002. Eine schwierige Situation, über die wir jetzt mit dem UVHH noch einmal sprechen werden.

Könnten künftig neue Bewerber den Alten eine Entschädigung zahlen?

Meier:

Das wäre vielleicht eine Option. Aber die Diskussion beginnt erst.

Für die Hafenbahn gilt ein neues Entgeltmodell. Wie wirkt sich das aus?

Meier:

Jedenfalls muss es nicht zu Kostensteigerungen für die Unternehmen führen. Vielmehr haben wir eine günstige Pauschale festgelegt, über die Gleise eine bestimmte Zeit genutzt werden können. Damit sind die Unternehmen im Vorteil, die rasch ihre Container verladen und die Schienen frei machen. Wer langsamer ist, muss zuzahlen. Das trifft aber nur auf wenige zu. Nur bei einer effizienten Nutzung der Schienen lassen sich die Zuwächse im Hinterlandverkehr abwickeln. Hier sind die Spitzenwerte aus dem Jahr 2008 schon wieder erreicht. Allein im ersten Halbjahr stieg die Zahl der von der Hafenbahn transportierten Ladung um 26,5 Prozent und die Zahl der transportierten Container (TEU) auf mehr als 900 000 Stück.

Könnte die HPA ihre Einnahmen künftig erhöhen, umso stärker zur Finanzierung von Investitionen beizutragen?

Meier:

Das hängt davon ab, welche Einnahmequellen wir uns erschließen können. So könnten künftig Grundstücke mit Hallen vermietet werden. Das würde einen deutlichen Schub geben, die HPA aber möglicherweise zum Konkurrenten von Firmen machen. Hier gilt es, einen verträglichen Weg zu finden. Grundsätzlich sollen unsere Leistungen künftig bezahlt werden.

Werden künftig für Großprojekte wie das neue Terminal auf Steinwerder genügend Mittel bereitstehen?

Meier:

Auch mit den nun bereitstehenden Haushaltsmitteln und neuen Einnahmen der HPA werden nicht alle Projekte im Hafen zu finanzieren sein. Um es deutlich zu sagen: Die 100 Millionen Euro reichen nicht aus, um den Betrieb der Anlagen und aller Ausbauinvestitionen im Hafen zu finanzieren. Da sind der Wirtschaftssenator und ich uns einig. Wir werden aber noch in diesem Monat damit beginnen, mit der Stadt über weitere Finanzierungsmodelle zu diskutieren. Infrage kommen Investitionen von Fonds oder aus Industrie oder Logistik. Es bleibt aber dabei: Flächen im Hafen werden nicht verkauft.

Die HPA hat die Zahl ihrer Beschäftigten zuletzt um knapp 100 auf rund 1750 aufgestockt und zahlt fast zwölf Prozent mehr für Gehälter als 2009. Ist das notwendig?

Meier:

Zunächst einmal gehen nur maximal die Hälfte der Erhöhungen auf Einstellungen zurück. Der Rest sind Tarifanpassungen sowie Kosten für Renten und Pensionen. Die HPA musste einen Stau bei der Instandsetzung im Hafen aufholen und soll Investitionen von 250 Millionen Euro jährlich statt zuvor von 100 Millionen Euro auf den Weg bringen. Das geht nur mit neuen Mitarbeitern. Die Einstellungen fielen nur mitten in die Zeit der Krise. Das mag von außen betrachtet ungewöhnlich gewirkt haben. 2011 sollen aber keine Mitarbeiter mehr eingestellt werden.

Was tut sich bei den Anlaufkosten?

Meier:

Beim Hafengeld müssen sich die Reedereien auf Veränderungen einstellen. Denn wir wollen vom 1. Juli 2011 an eine umweltbezogene Komponente einführen. Sie wird sich auf einen weltweiten Standard stützen, der im November vorliegen soll. Dann werden saubere Frachter Kostenvorteile haben. Dazu denken wir darüber nach, die Kosten für die Anläufe ähnlich wie in Rotterdam auch von den transportierten Mengen abhängig zu machen. Bisher hängt das Hafengeld in Hamburg allein an der Größe der Schiffe. Das macht die Einnahmen für die Stadt sicherer. Fairer ist es aber, die Mengen an Bord zu berücksichtigen. Dann profitieren alle Seiten im Boom, und in schlechten Zeiten müssen nicht nur die Terminals, sondern auch die Stadt auf Einnahmen verzichten, weil das Hafengeld sinkt.

Wie entwickelt sich der Umschlag? Hält der Aufwärtstrend an?

Meier:

Bis Ende September rechnen wir mit einem zweistelligen prozentualen Wachstum bei Containern.

Im Juni lag das Plus zum Vorjahresmonat bei 16,5 Prozent. Geht das so weiter?

Meier:

Der Zuwachs ist noch gestiegen.