Die Hörgeräte-Akustiker Frank Burghardt und Erik Berg gewinnen beim Hamburger Gründerpreis 2010 in der Kategorie Existenzgründer.
Hamburg. Das Ohr steht im Mittelpunkt. Die Plastikattrappe im Schaufenster der Wandsbeker Filiale von Frank Burghardt und Erik Berg ist übermannshoch, grasgrün – und symbolträchtig. Denn die Ohren ihrer Kundschaft sind nicht nur das Geschäftsfeld der beiden gelernten Hörgeräteakustikermeister, sondern auch ihre Mission.
„Schwerhörigkeit trifft nicht nur ältere Menschen, sondern wegen der wachsenden Arbeitsbelastung auch zunehmend Jüngere“, sagt Berg, 33. „Hörsysteme haben aber immer noch den Ruf, hässlich und groß zu sein.“ Die Hemmschwelle, sich entsprechende Hilfsmittel zuzulegen, ist deshalb sehr hoch: Nach Schätzungen des Deutschen Schwerhörigenbunds gibt es bundesweit 14 Millionen Betroffene – aber nur rund 2,5 Millionen Menschen tragen tatsächlich ein Hörgerät.
Der Markt hat also ein gigantisches Potenzial – sofern es gelingt, die Hemmschwelle der Kunden zu überwinden. Deshalb haben Berg und Burghardt für ihre 2008 gegründete Firma Die Hörmeister ein modernes Konzept entworfen: Offen und ansprechend sollen ihre sechs Filialen in Hamburg, Ahrensburg und Lüneburg wirken. So laden in der Wandsbeker Filiale dunkler Holzfußboden, lindgrüne Wände, eine dezente Auslage mit winzigen Hightech-Geräten in allen Farben des Regenbogens und ein kostenloser Cappuccino zum Eintreten ein. Auch die beiden Gründer sehen eher aus, als würden sie Smartphones statt Hörgeräte verkaufen. „Wir wollen Hörsysteme aus der verstaubten Prothesenschublade herausholen“, sagt Burghardt, 43. „Wir verkaufen vor allem Lebensqualität.“
Tatsächlich sind die Geräte im Angebot der Hörmeister nicht nur so unauffällig und klein wie Kontaktlinsen, sondern gleichzeitig auch multimediale Wunderwerke. „Moderne Hörlösungen sind wie Minicomputer im Ohr“, erklärt Berg. „Sie können nicht nur Sprache verstärken und Störlärm herausfiltern, sondern über Bluetooth auch als Freisprechanlage fürs Handy oder als Kopfhörer für den MP3-Player genutzt werden.“ Die Lautstärke werde dann über einen dezenten Adapter in der Hemd- oder Hosentasche reguliert – auf Wunsch auch mit trendigen Swarowski-Strasssteinen besetzt. In diesem Herbst soll sogar ein Gerät auf den Markt kommen, das sich direkt mit dem Fernseher verbinden lässt.
Das kommt bei den Kunden an. Die Umsätze der Hörmeister haben sich im vergangenen Jahr verdoppelt, liegen im einstelligen Millionenbereich. Erst im Juni haben die neuen Fachgeschäfte in Wandsbek und auf der Uhlenhorst eröffnet, eine siebte Filiale soll im Herbst folgen. Unter den 23 Beschäftigten sind auch fünf Auszubildende. „Allein in diesem Jahr haben wir sieben Mitarbeiter eingestellt“, sagt Burghardt, der als gebürtiger Nordrhein-Westfale vor 14 Jahren nach Hamburg zog und jetzt im Schanzenviertel lebt.
Ebenso wie sein Geschäftspartner, der aus Schleswig-Holstein stammt, hat er vor der Selbstständigkeit bei einer großen Kette Erfahrungen bei der Filialisierung gesammelt. Trotz der Expansionspläne sind beide Geschäftsführer im Tagesgeschäft aktiv – Berg meist in der Poppenbütteler Filiale, Burghardt in Volksdorf. Ihre Vision: „Wir hoffen, dass Hörsysteme eines Tages ebenso wie Brillen zum modischen Accessoire werden.“