Alexander Porschke, 56, (GAL), Hamburger Umweltsenator (1997-2001), Nabu-Vorsitzender, Geschäftsführer einer Beratungsfirma
Hamburger Abendblatt:
1. Hamburg will 2011 Umwelthauptstadt werden in Europa und feiert sich gleichzeitig als Kreuzfahrtstandort, den immer mehr Schiffe anlaufen. Das bedeutet aber auch, dass die Schadstoffmengen aus Schiffsabgasen zunehmen. Passt das eigentlich noch zusammen?
Alexander Porschke:
Mit der heutigen Technik der Schiffe wohl nicht. Hinter den weißen Fassaden der Traumschiffe verbirgt sich eben in Wahrheit immer noch ein Fahrzeug, das hoch umweltschädlichen Treibstoff verfeuert.
2. Aber seit Anfang des Jahres gilt in EU-Häfen doch ein Grenzwert von 0,1 Prozent Schwefelanteil für Schiffstreibstoffe. Hat das noch nichts gebracht?
Porschke:
Das gilt leider nur in den Häfen und auch nur ab zwei Stunden Liegezeit. Während der Fahrt auf der Elbe wird etwas ganz anderes verfeuert. Zudem liegt auch der Schwefelanteil des 0,1-Treibstoffs noch hundertmal über dem des Diesels, den Pkw oder Lkw an Land tanken. Und Filter oder Katalysatoren, wie für Landfahrzeuge vorgeschrieben, sucht man auf Schiffen meist vergeblich.
3. Die Schifffahrt-Branche wirbt aber damit, dass sie besonders klimafreundlich sei. Dass sie im Verhältnis zur Länge der Transportwege und den Mengen weit weniger CO2 ausstößt als Lkw oder die Bahn.
Porschke:
Das mag für den CO2-Ausstoß gelten. Aber ansonsten ist das ein Etikettenschwindel. In Schiffsabgasen befinden sich hohe Anteile von Rußpartikeln. Und Ruß wird beispielsweise zu 40 Prozent für die Klimaeffekte am Nordpol verantwortlich gemacht. Außerdem gilt Ruß als krebserregend.
4. Welche Maßnahmen könnten Hafenstädte gegen schädliche Schiffabgase treffen, und kann Hamburg überhaupt im Alleingang vorangehen, will es nicht Kunden im Hafen an Konkurrenzhäfen verlieren?
Porschke:
Landstrom wäre eine technische Möglichkeit. Wichtig ist aber außerdem, dass es für besonders umweltfreundliche Schiffe auch Anreize gibt. Das Hafengeld muss daher differenziert werden, um eine saubere Schifffahrt zu unterstützen. Hamburg müsste dazu auch keinen Alleingang unternehmen - andere Häfen wie Rotterdam kennen solche Anreizsysteme für Umweltfaktoren bereits.
5. Warum konzentriert sich die Kritik eigentlich so sehr auf Kreuzfahrtschiffe - in Hamburg machen doch weit mehr Container-oder Massengut-Frachter fest und blasen ebenfalls ungefilterte und gefährliche Schadstoffe in die Luft?
Porschke:
Wir müssen bei den Kreuzfahrtschiffen den Hebel ansetzen. Hier können Kunden einer Kreuzfahrt nachhaken und verlangen, dass saubere Schiffe eingesetzt werden. Das zwingt zum Umdenken - und wenn die richtige Technik entwickelt ist und es Anreizsysteme gibt, wird auch die übrige Schifffahrt folgen.