Krzysztof Pendereckis Totenklage wurde im Hamburger Michel mit einem Chor aus Warschau und der NDR-Radiophilharmonie aufwändig inszeniert.
Hamburg. Es klingt wie aus einem Guss, ist aber scheibchenweise entstanden, Krzysztof Pendereckis „Polnisches Requiem“. Das ergriffen lauschende Publikum in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis spendete dem 76-jährigen Komponisten am Sonnabendabend nach fast zwei Stunden stürmischen Applaus. Ein seltenes Ereignis: Penderecki stand beim Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) selber am Dirigentenpult, vor einem riesigen Ensemble, zusammengesetzt aus Ost und West. Er bescherte mit dem Philharmonischen Chor Warschau und der NDR-Radiophilharmonie eine packende Aufführung.
Keimzelle der ungewöhnlichen Totenklage ist ein Satz, den Penderecki für seinen Freund Lech Walesa schrieb, und zwar nach dem im August 1970 niedergeschlagenen Aufstand der Danziger Werftarbeiter. Andere Teile kamen hinzu, so nach dem Tod von Kardinal Stefan Wyszynski, einer Symbolfigur des Widerstandes gegen das kommunistische Regime. Das Werk wurde immer umfangreicher, es besteht jetzt aus 17 Teilen.
Im Konzertalltag begegnet man dem monumentalen Requiem nicht, weder in der Kirche noch im Saal. Der Aufwand ist einfach zu groß: zwei Chöre, ein stark besetztes Orchester, vier überaus anspruchsvolle Solopartien. Selbst die große Sängerempore im Hamburger Michel reichte nicht. Das gesamte Schlagwerk war in eine Nische ausquartiert. Als Solisten wirkten drei Polen und ein Italiener mit, großartige Stimmen: Izabella Klosinska (Sopran), Agnieszka Rehlis (Alt), Angelo Poli (Tenor), Piotr Nowacki (Bass).
Unter den Komponisten der Gegenwart ist Krzysztof Penderecki ein Sonderfall. Abgeschnitten vom Westen experimentierte er in Krakau mit Klängen und Geräuschen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wandte er sich einer traditionelleren Tonsprache zu. Er schafft es, auch ein skeptisches Publikum mit moderner Musik zu fesseln. Die Aufführung im Michel war ein Beweis.