Wirtschaftsminister Brüderle hat völlig recht: Die Rentengarantie gehört abgeschafft.
Noch besser wäre sie nie eingeführt worden. Das umlagefinanzierte und dynamisierte System, in dem Arbeitnehmer mit ihren Beiträgen für die jetzigen Rentner zahlen und das an die Entwicklung der Löhne gekoppelt ist, hat sich als ausgesprochen stabil erwiesen. Es hat Weltkriege, Wirtschaftskrisen, Börsencrashs und sogar die Wiedervereinigung überstanden. Kapitalgedeckte Systeme oder staatliche Gnadenzahlungen wären niemals so robust gewesen. Deshalb ist jedes weitere Herumdoktern an der Rentenformel sachlich unnötig und gefährlich.
Die sogenannte Rentengarantie wurde vor einem Jahr von der damaligen Großen Koalition auch weniger zur Rettung verarmender Seniorengenerationen beschlossen, sondern um 20 Millionen in die Jahre gekommene Wähler nicht unmittelbar vor der Bundestagswahl zu verärgern. Die Garantie ist zudem nur eine auf Pump, denn die heute verhinderte Senkung wird mit späteren Erhöhungen verrechnet. Ein Nullsummenspiel also, das die Renten nicht prinzipiell von den Löhnen abkoppelt, das künftige Generationen, die später auch gern ihre Renten genießen, nicht über Gebühr strapaziert, wie Kritiker pathetisch behaupten, und bei dessen Abschaffung auch nicht mehr Geld in die Kasse fließen würde.
Nun war allerdings nicht nur die Rentengarantie ein politischer Winkelzug. Auch Brüderles Polemik dagegen ist einer. Wollte er in diesem Land tatsächlich wieder eine klare Linie fahren, hätte er ein reiches Betätigungsfeld im nach wie vor wuchernden Steuer- und Subventionsdickicht.
Anfangen könnte der wackere Liberale gleich mit der ermäßigten Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen, die seine Partei gerade erst erkämpft hat, und all den anderen Absurditäten allein in diesem Bereich. Er müsste sich auch nicht weiter gegen die im Sparpaket der Regierung vorgesehene Abschaffung steuerlicher Privilegien für den Luftverkehr und die Atomindustrie sträuben. Das würde wirklich Geld in die Kassen des Bundes spülen und fiele auch in seinen Zuständigkeitsbereich. Im Gegensatz zur Rentenpolitik, die Arbeitsministerin von der Leyen zu verantworten hat.
In Zeiten harter Spardebatten ist es aber eben einfacher, mit dem Finger auf andere zu zeigen, als selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Ändern könnte sich dieses Verhalten allenfalls, wenn die Koalition zu einer stringenten politischen Linie finden würde, getragen von allen drei Partnern, geführt von einer entschlossenen Kanzlerin. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass alles so bleibt, wie es ist.