Ralf Baade, 44, ist Leiter des Referats Ambulante Versorgung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) Hamburg.
Hamburger Abendblatt:
1. Die Hamburger Kassenhonorare für Ärzte steigen statt wie geplant um 14,9 Prozent (2008-2009) nur um 6 Prozent. Werden Ärzte deshalb in Not geraten?
Ralf Baade:
Der Ärzteschaft geht es auch im Vergleich zu anderen Berufsgruppen gut. Selbst wenn man für 2009 nur noch eine Honorarsteigerung von 6 Prozent zugrunde legt, für 2008 aber 9,1 Prozent und für 2010 noch 5,3 Prozent, so stiegen die durchschnittlichen Arzteinkommen in den letzten drei Jahren um fast 22 Prozent. Sollten Ärzte in Not geraten, liegen die Ursachen woanders.
2. Wäre es besser, wenn Ärzte ihr Geld direkt von den Kassen bekämen statt über Kassenärztliche Vereinigungen (KV), die wiederum nur Pauschbeträge von Kassen erhalten?
Es wäre wünschenswert, wenn mehr Wettbewerb einziehen würde. Derzeit müssen alle Kassenärzte in der KV Mitglied sein. Die Verteilung des Gesamthonorars für Ärzte erfolgt über die regionalen KVen. Wenn Kassen und Ärzte auch direkt Verträge schließen könnten, wäre dies eine gute Möglichkeit, auf die Versorgung vor Ort Einfluss zu nehmen. Faktisch geht das derzeit nicht.
3. Manche Ärztevertreter rechnen vor, Ärzte hätten Stundenlöhne von 19 Euro. Ist das realistisch?
Im Durchschnitt wird das Einkommen der Ärzte in Deutschland für das Jahr 2010 mit 164 000 Euro prognostiziert. Damit gehören sie auch unter Akademikern zu den Gutverdienern. Aber auch hier gilt natürlich, dass es innerhalb der Ärzteschaft große Unterschiede gibt. Allgemein zu behaupten, Ärzte hätten einen Stundenlohn von 19 Euro, ist sicher komplett unrealistisch.
4. Wieso gelten in den Bundesländern überhaupt unterschiedliche Honorarsätze?
Nur ein kleiner Teil der Leistungen wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich vergütet. Dies betrifft in der Regel besondere Leistungen, die aufgrund regionaler Gegebenheiten von KV und Krankenkassen vor Ort vereinbart werden, in Hamburg zum Beispiel für Präventionsleistungen. Einkommensunterschiede erklären sich hauptsächlich aus der unterschiedlichen Arzt- und Facharztdichte.
5. Kassenvertreter fordern auch geringere Arzthonorare. Wäre es nicht ein sinnvolles Signal, wenn auch Kassenchefs und KV-Funktionäre ihre Gehälter kürzen würden?
Bei den Krankenkassen sind die Verwaltungskosten seit Jahren gedeckelt. Und auch die geplante Gesundheitsreform fordert wieder Ausgabenbegrenzungen bei Kassen genauso wie bei Leistungserbringern ein. Nur die niedergelassenen Ärzte genießen eine Sonderstellung und sollen wohl weitgehend verschont bleiben. Eine Kürzung der Arzthonorare wird von keinem Kassenvertreter gefordert. Es geht darum, auch Ärzte mit einer Nullrunde, also einem Verzicht auf weitere Steigerungen, zu beteiligen.