Bundesjustizministerin Leutheusser-Scharrenberger nennt die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen „konsequent“.
Hamburg. Ein ehemaliger Insasse des US-Gefangenenlagers Guantánamo soll in wenigen Wochen nach Hamburg kommen, ein zweiter nach Rheinland-Pfalz. Von den Ex-Häftlingen gehe nach eingehender Prüfung der Sicherheitsbehörden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Gefahr terroristischer Aktivitäten aus, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Weitere ehemalige Gefangene aus dem US-Lager auf Kuba werde Deutschland nicht aufnehmen.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat die Entscheidung begrüßt. „Es ist gut, dass der Bundesinnenminister sich nicht durch das mehrheitlich ablehnende Votum der Landesinnenminister von seinen richtigen Bemühungen abbringen ließ, Guantánamo-Häftlinge in Deutschland aufzunehmen“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger dem Hamburger Abendblatt (Donnerstag). „Die Aufnahme der Guantánamo-Häftlinge ist konsequent und trägt unseren rechtsstaatlichen Maßstäben Rechnung.“ Deutschland leiste damit einen „wichtigen Beitrag zur Schließung des menschenunwürdigen Gefangenenlagers in Guantanamo“, die der Bundestag immer gefordert habe.
Schon vor zwei Jahren hatte der Hamburger Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) Bereitschaft erkennen lassen , im US-Gefangenenlager Guantanamo sitzende Häftlinge aufzunehmen. "Deutschland darf nicht der Ort werden, wohin die Amerikaner ihre missliebigen Terroristen abschieben", sagte er damals dem Hamburger Abendblatt. "Wer jedoch nachweisbar unschuldig ist oder nach unserer Rechtsordnung seine Strafe abgesessen hat und ungefährlich ist, dessen Aufnahme nach Deutschland kann man prüfen." Aus Bayern, Thüringen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Berlin waren dagegen mehr oder weniger klare Absagen gekommen.
Im März hatte eine deutsche Delegation drei Häftlinge in dem US-Gefangenenlager auf Kuba besucht. Dabei soll es sich um einen Jordanier, einen Syrer und einen Palästinenser gehandelt haben, die bald entlassen werden sollten. Ob die beiden Häftlinge, die in Deutschland aufgenommen werden sollen, aus diesem Kreis kommen, ist noch unklar.
In dem umstrittenen US-Gefangenenlager Guantánamo Bay werden seit 2002 vor allem mutmaßliche Taliban oder El-Kaida- Mitglieder ohne Anklage und ohne Zugang zu Anwälten festgehalten. Derzeit sitzen noch immer rund 180 Terrorverdächtige dort ein. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hatte US-Präsident Barack Obama erklärt, er wolle das Lager binnen eines Jahres – also bis zum Januar 2010 – schließen. Als Grund für die Verzögerung führten die Amerikaner wiederholt an, dass sich andere Länder nur zögerlich zur Aufnahme von Häftlingen bereit erklärten.
De Maizière betonte, dass die Bundesregierung Guantánamo stets kritisiert habe: „Und deswegen sehen wir auch eine Verantwortung, bei der Auflösung dieses Lagers zu helfen.“ Die USA hatten die Bundesregierung bereits Ende des vergangenen Jahres um Hilfe gebeten. Drei konkrete Fälle wurden von de Maizière geprüft. Dabei ging es darum, ein Sicherheitsrisiko für Deutschland auszuschließen, humanitäre Aspekte zu berücksichtigen und den internationalen Sicherheitsinteressen gerecht zu werden.
Zu den bisherigen Aufnahmeländern gehört die Slowakei, die im Januar drei Gefangene übernahm. Es folgten in den Wochen danach drei Männer, die aus Guantánamo nach Albanien ausreisten; einer fand in Spanien Aufnahme. Im März wurden zwei weitere Häftlinge in die Schweiz und drei nach Georgien überstellt.