Der Containerumschlag in Hamburg legt wieder deutlich zu. Bis zum Jahresende wird ein Plus von zehn Prozent gegenüber 2009 erwartet.
Hamburg. Der Hamburger Hafen hat die Wende offenbar geschafft. Bis Ende Mai liegt der Containerumschlag nach Informationen des Abendblatts wieder höher als im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Bis Ende März hatte es gegenüber dem Vorjahr bei den abgefertigten Boxen noch ein Minus von vier Prozent gegeben. Nachdem bis Ende Mai mehr als drei Millionen Standardcontainer (TEU) verladen wurden, dürfte sich die Zahl bis Ende Juni auf mehr als 3,6 Millionen erhöht haben.
Die positive Entwicklung hält seit März an. Allein im Mai gab es im Containerumschlag ein Plus von mehr als 15 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat und einen hohen einstelligen Zuwachs gegenüber April, einem Monat, in dem die Aufwärtsentwicklung bereits deutlich zu spüren war. Ist der Trend stabil, dürfte nach Schätzungen aus Hafenkreisen zum Jahresende ein Umschlagplus von bis zu zehn Prozent erreichbar sein. 2009 war der Umschlag um 28 Prozent eingebrochen. Nach knapp zehn Millionen wurden nur noch 7,01 Millionen TEU abgefertigt.
Jetzt jedoch äußern sich Unternehmenssprecher und Hafenexperten optimistisch. "Wir sehen die Belebung im Umschlag seit einigen Monaten", sagt Mark Krümpel, der Sprecher der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). "Es geht aufwärts, und wir freuen uns über die Zuwächse", so Heinrich Ahlers, Geschäftsführer der Buss Group, der drittgrößten Hamburger Hafenfirma. "Der Güterumschlag steigt kontinuierlich an. Der Hafen profitiert davon, dass der weltweite Handel vor allem mit Asien anzieht", analysiert Jens Meier, Chef der Hamburger Port Authority (HPA), im Gespräch mit dem Abendblatt.
Immerhin rechnet auch das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) in Bremen bei einem für 2010 vom Internationalen Währungsfonds (IWF) prognostizierten weltweiten Wachstum von 4,2 Prozent mit einem Zuwachs von neun bis zehn Prozent beim Containerumschlag. "Wir beurteilen die Aussichten positiv, auch wenn noch nicht klar ist, inwieweit der teilweise zweistellig wachsende Umschlag in einzelnen Häfen darauf zurückzuführen ist, dass Lager aufgefüllt werden", sagt Michael Tasto, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Maritime Wirtschaft beim ISL.
Im zweiten Quartal dürfte Hamburg aber in jedem Fall von den Zuwächsen von mehr als 20 Prozent in den chinesischen Häfen im April und Mai profitiert haben. Denn knapp jeder dritte Container, der in Hamburg umgeschlagen wird, kommt aus China oder geht dorthin.
Im April legte zudem der Umschlag in Südamerika und Nordamerika um mehr als 26 beziehungsweise mehr als 16 Prozent zu. Auch diese beiden Regionen spielen für Hamburg eine wichtige Rolle. HPA-Chef Meier versucht zudem mit den seit Anfang des Jahres geltenden Rabatten für Überseereedereien, die in Hamburg Container auf Zubringerfrachter (Feeder) verladen, die Entwicklung aus dem vergangenen Jahr rückgängig zu machen. Damals waren Zubringerdienste vor allem wegen der hohen Kosten auf den Terminals abgewandert. So verlegte China Shipping, die zu den zehn größten Containerreedereien weltweit zählt, ihre Verkehre nach Zeebrügge. Solche Entscheidungen zu revidieren, gilt als schwierig und ist meist nur mit finanziellen Zugeständnissen möglich. Mit ihnen werden jetzt aber auch Hafenkunden gehalten.
"Die Großreedereien, die von Hamburg aus Boxen per Schiff weitertransportieren, erhalten nach unserem System derzeit im Durchschnitt knapp sieben Prozent des Hafengeldes zurück, das für die Nutzung des Hafens entrichtet wird", sagt Meier. Das kann aufs Jahr gerechnet leicht eine sechsstellige Summe sein. Seit Anfang April haben zudem die Elblotsen ihre Gebühren um zehn Prozent gesenkt. Die Hafenlotsen verzichten vorerst auf eine Erhöhung. Folge: Allein in diesem Jahr wurden vier neue Dienste in die Ostsee neu aufgenommen. Der Anteil der im Hafen vom Großschiff auf die kleineren Zubringerfrachter umgeladenen Boxen dürfte also wieder steigen.
Aber auch bei den Fernostdiensten konnte der Hafen punkten. Hier zählt das Hafen Hamburg Marketing (HHM) seit Anfang des Jahres sechs neue Dienste. Darunter werden von Mitte Juli an auch Frachter sein, die zu den größten der Welt zählen. So wird die französische Großreederei CMA/CGM am 13. Juli mit der "Christophe Colomb" den Ersten einer Reihe von Riesen mit 13 800 Containerstellplätzen auf der Elbe vorstellen. Der neue Dienst mit ihr und weiteren Schwesterschiffen startet im August. "Mit den neuen Fernost- und Feederdiensten", folgert HHM-Sprecher Bengt van Beuningen, "wird der Umschlageinbruch schneller als erwartet wieder ausgeglichen. Dazu ist die Hansestadt der zentrale Hafen für Osteuropa. "Sobald sich die Region erholt, bietet sie erneut ein hohes Wachstumspotenzial", sagt ISL-Experte Tasto.
Das hat die HHLA auch in der Krise nicht aus dem Blick verloren. Sie baut ihre Eisenbahncontainerverkehre aus, um Hamburgs ohnehin günstige geografische Position für den Transport nach Osteuropa zu stärken. Nach Tschechien, Ungarn und der Slowakei steht dabei jetzt Polen im Mittelpunkt. So soll auf die Eröffnung des Terminals bei Kattowitz eine noch größere Anlage in Posen folgen. Sie ist als zentrales Verteilzentrum für Waren in ganz Polen geplant. Vom Jahr 2011 an sollen dann zwischen Hamburg und Posen regelmäßig Containerzüge unterwegs sein - so wie schon heute zwischen der Hansestadt und Prag. Auf dieser Strecke pendeln insgesamt 38 Züge wöchentlich. "Solche Verkehre", weiß HHLA-Sprecher Krümpel, "bringen Vorteile gegenüber anderen Häfen."