Bald könnte das Thema Gewalt den Bürgermeister bedrängen.
Er habe einen "unbeherrschten Hang zur Gewalttätigkeit", bescheinigte der Richter dem Hauptangeklagten. Es war Oktober 1997, als er den damals 18-Jährigen zu dreieinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilte. Dessen Bande hatte zuvor drei Jahre lang in Neuwiedenthal Gleichaltrige erpresst, mit Messergewalt, Schlägen und Drohungen tyrannisiert und einen Jungen namens Mirco in den Selbstmord getrieben. Mit der Aufarbeitung dieses Falls begann der Niedergang der Dauerregierungspartei SPD. Zu lange hatten die Sozialdemokraten die Stimmung in der Stadt und die Angst vor steigender Kriminalität unterschätzt.
Vor 13 Jahren hat der Täter eine Sicherheitsdebatte entfacht, die letztendlich zum Machtverlust der SPD führte und an der Seite Ole von Beusts einen Populisten wie Richter Schill ins Amt des Innensenators brachte. Schill ist Geschichte, der Gang-Chef von damals nicht. Er gilt als der Haupttäter des Angriffs auf Polizisten am Wochenende. Und heute muss die CDU darauf achten, dass sich die Geschichte des Machtwechsels als Folge unterstellter Inkompetenz auf dem Feld der inneren Sicherheit nicht wiederholt.
Lange haben die Christdemokraten die Folgen ihres Kurswechsels in der Schulpolitik unterschätzt. Lange haben sie geglaubt, die Popularität ihres Bürgermeisters reiche, um die Klientel bei Laune zu halten. Doch 184 500 Stimmen gegen die Schulreform haben den Senat in die Wirklichkeit zurückgeholt. Das Letzte, was Schwarz-Grün verkraften kann, ist eine anhaltende Debatte über innere Sicherheit.
Beispiele aus den letzten Wochen? In der U-Bahn-Station Jungfernstieg ersticht ein Intensivtäter einen Jugendlichen, in einem Bahnhofstunnel in Harburg prügeln zwei Jugendliche einen Behinderten fast zu Tode, in Eißendorf tötet ein junger Mann einen Abiturienten und jetzt folgte der Angriff in Neugraben. Häufung und Dramatik der Fälle haben die Kraft, das Sicherheitsempfinden nachhaltig zu schädigen.
Die Parallelität dieser Fälle? Alle Täter sind jung, polizeibekannt, alle haben einen Migrationshintergrund. Das wirft Fragen auf. Steht der Staat gewalttätigen jungen Männern hilflos gegenüber? Wo sind die Konzepte der Polizei? Hat sie genug Beamte? Wo bleiben die zeitnahen Urteile mit abschreckender Wirkung? Gibt es in Hamburg "No-go-Areas", Gebiete, in denen Polizisten mit gezielten Angriffen rechnen müssen? Noch haben diese Fragen nicht den Bürgermeister persönlich erreicht, noch ist nicht er im sicherheitspolitischen Fokus. Noch. Viele Fälle dieser Art braucht es aber nicht mehr, bis beim Thema innere Sicherheit der Name Ole von Beust fallen dürfte.