Der Kiezklub muss sich seinem Fan-Problem endlich stellen
Es ist ein Image, wie es sich auch die besten Marketingstrategen nicht ausdenken könnten. Links, bunt, alternativ - der FC St. Pauli gilt in Deutschland als der Gegenentwurf zur Kommerzmaschine Profifußball. Seit Jahren zählt der Hamburger Zweitligist zu den beliebtesten deutschen Vereinen.
Am Sonntag erhielt dieses Image mit den Krawallen nach dem Spiel gegen Hansa Rostock erneut tiefe Kratzer. Massiv beschädigt war es zuvor schon durch die Gewaltexzesse nach Spielen gegen Rostock, die schwere Randale beim Hallenturnier in Alsterdorf, die Würfe mit Gegenständen auf Schiedsrichter und Gegenspieler. Inzwischen zeigt der Totenkopf, das stolze Symbol des Klubs, seine hässliche Fratze.
Der FC St. Pauli, das ist die bittere Erkenntnis dieser Geschehnisse, ist längst keine Insel der Glückseligen mehr. Der Kiezklub hat, wie so manche Konkurrenten, ein massives Problem mit gewaltbereiten Fans und kriminellen Trittbrettfahrern. Dafür genügte am Sonntag bereits ein Blick in den Fanblock. Wer Plakate mit Sprüchen wie "Bullen-Schweine" in die Höhe streckt, ist nicht alternativ, sondern nur noch primitiv, ja menschenverachtend. Viel zu lange haben die Verantwortlichen des Vereins solche Aktionen toleriert, wohl auch aus Sorge um den Kurs bei den nächsten Vorstandswahlen.
Immerhin hat die Chefetage mit der gestrigen Erklärung, in der die Gewaltexzesse scharf verurteilt werden, einen Schritt in die richtige Richtung eingeschlagen. Diesem müssen allerdings jetzt Taten folgen. Das Präsidium muss - notfalls in Konfrontation mit Fangruppen - einen Null-Toleranz-Kurs gegen Gewalt fahren, schon entsprechende Parolen am Millerntor verurteilen und unterbinden.
Die Klubführung allein ist damit indes überfordert. Die friedliebenden Fans, nach wie vor in der ganz großen Überzahl, müssen Anhänger, die ihre Gewaltfantasien ausleben wollen, konsequent ausgrenzen. Dies mag alles nicht bunt oder links sein. Es ist trotzdem der einzige Weg.