Auch hohe Mieten und Internetkonkurrenz machen Fachhandel das Überleben schwer
Hamburg zählt bundesweit zu den attraktivsten Einkaufsstädten. Nicht nur Norddeutsche, sondern auch Touristen schätzen das breite Angebot in der Elbmetropole in den klassischen Ladenmeilen und Passagen, in Szenevierteln, aber eben auch die gute Versorgung durch Fachgeschäfte in den Stadtteilen. Eigentlich gibt es hier nichts, was es nicht gibt.
Doch die städtetypische Vielfalt gerät immer mehr in Gefahr. Insbesondere kleinere Läden abseits der großen Konzerne haben es schwerer, sich gegen die mächtige Konkurrenz der Filialketten zu behaupten. Jüngstes Opfer ist das traditionsreiche Fachhaus Möller in Rahlstedt, das nach nunmehr 119 Jahren nach seiner Gründung schließt. Mit dem Aus stirbt nicht nur eine Institution für die Nahversorgung, sondern auch ein Stück Hamburger Tradition.
Möller ist nicht das erste familiengeführte Haus, das aufgeben muss. Schon vor zehn Jahren schloss selbst in bester Citylage das Technikkaufhaus Brinkmann an der Spitaler Straße die Pforten, später folgten die Modehäuser Jäger + Koch, Beutin oder das Kinderparadies am Neuen Wall. Stattdessen ziehen immer mehr Filialisten in die Geschäftsräume ein.
In den Toplagen der Hamburger City gehören nach aktuellen Studien bereits rund zwei Drittel aller Läden zu großen nationalen oder internationalen Ketten. Die Hansestadt ist ein Standort, an dem alle wichtigen Modelabel dieser Welt Flagge zeigen wollen. Von H&M, Zara und Adidas über Prada und in Kürze die US-Kultmarke Abercrombie & Fitch. Und die Nachfrage für Toplagen lässt nicht nach. In der Innenstadt könnten sogar noch deutlich mehr Flächen vermietet werden, wenn es sie überhaupt noch gäbe.
Auf die hohe Anziehungskraft für die großen Namen darf Hamburg stolz sein und sollte ihnen auch künftig Platz bieten. Allerdings ist die Attraktivität zweischneidig. Während die Unternehmen an der Elbe hohe Umsätze einfahren und die Kunden alle Topmarken auf vergleichsweise engem Raum erhalten, werden die Einkaufsmeilen der Großstädte eintöniger und austauschbarer. Schon heute gleicht die Gestaltung einer Filiale im Design bis zur Kollektion denen in jeder anderen Stadt. Am Ende kann man beim Ladenbummel kaum mehr sagen, ob man sich gerade in Hamburg, München oder Köln befindet. Besonders unter Druck stehen inhaberbetriebene Geschäfte. Teure Spitzenmieten von bis zu 280 Euro pro Quadratmeter in 1-a-Lagen sind für sie in der Regel unerschwinglich. Um die Einkaufspassagen überraschend und attraktiv zu gestalten, wären aber gerade solche individuellen Läden ein Gewinn. Es wäre deshalb wünschenswert, wenn auch Vermieter darauf achten, einige kostengünstigere Flächen für Newcomer bereitzustellen.
Eine weitere massive Bedrohung für den Fachhandel geht vom Internet aus. Zwar lieben viele Verbraucher weiterhin den Bummel durch die "echten" Geschäfte. Viele lassen sich dort gerne ausführlich über die Vorzüge von Fernsehern und Waschmaschinen beraten oder probieren Schuhe an. Wenn es jedoch um den tatsächlichen Einkauf geht, bestellen immer mehr Kunden ihre Artikel im Internet. Nicht selten, weil sie die Produkte dort ein paar Euro billiger erhalten.
Wer ein solches Einkaufsverhalten an den Tag legt, muss sich allerdings nicht wundern, wenn immer mehr Fachgeschäfte vom Markt verschwinden. Individuelle Beratung gibt es nicht zum Nulltarif. Ein Internethändler kann nur deshalb billiger sein, weil er keinen Laden betreibt und sich nicht selten jede Kundenanfrage über teure Telefonhotlines bezahlen lässt. Geiz kann somit zum Wegbereiter für die nächste Ladenpleite werden und Arbeitsplätze vernichten. So trägt der Kunde mit seinem Kaufverhalten eine entscheidende Mitverantwortung, wie vielfältig und lebendig die Ladenwelt in Hamburg bleibt.