Auch Handwerk sieht keinen Sinn in dem Projekt des Hamburger Senats und fühlt sich schlecht informiert. Sorge um Innovationsstiftung.
Hamburg. Der Hamburger Senat hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Noch vor Jahresende soll eine neue staatliche Investitionsbank in der Hansestadt ihren Dienst aufnehmen. Entstehen soll die Bank, die nach dem Willen von Bürgermeister Olaf Scholz die bestehende Förderstruktur optimieren soll, aus der Hamburgischen Wohnungsbaukreditanstalt (WK) - so hat es der SPD-Politiker vor einem Jahr in seiner Regierungserklärung angekündigt.
Doch inzwischen wachsen in der Wirtschaft der Hansestadt die Skepsis und der Unmut über die geplante Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB). So stuft die Handwerkskammer sie als schlicht "nicht erforderlich" ein. Besonders kritisch sieht aber die Handelskammer das Vorgehen des Senats. "Um abwägen zu können, welchen zusätzlichen Nutzen eine Investitionsbank für das Förder- und Finanzierungsgeschehen in Hamburg haben könnte, haben wir eine Bestandsaufnahme der Ist-Situation gefordert, aber hierzu ist bis heute nichts vorgelegt worden", sagt Kammerpräses Fritz Horst Melsheimer dem Abendblatt.
Vor allem aber sieht auch er auf Basis vorliegender Daten keinen Bedarf für die IFB: "Hamburg rangiert bundesweit immer auf Platz eins oder zwei, wenn es um Existenzgründungen geht." Auch sonst spricht nach Auffassung des Hauptgeschäftsführers der Handelskammer, Hans-Jörg Schmidt-Trenz, nichts für die Investitionsbank: "Keine der Begründungen, die der Senat dafür anführt, hält einer näheren Überprüfung stand." So könne von einem Engpass bei der Versorgung des Mittelstands mit Krediten keine Rede sein - im Gegenteil: "Hamburg hat einen hervorragend funktionierenden Kreditmarkt." Die sogenannte Kreditintensität, also das Verhältnis von Kreditvergabe und Bruttoinlandsprodukt, lag zuletzt bei rund 102 Prozent, weit vor allen anderen Bundesländern. Im Hinblick auf die Fördermittel liege der Stadtstaat bundesweit auf Rang drei.
Sachverstand für die Förderbank
Stadt Hamburg will ins Bankgeschäft einsteigen
Besondere Sorge macht sich Melsheimer um die Innovationsstiftung Hamburg, die im Jahr 1996 mit Geld aus der Wirtschaft gegründet wurde und aus den Erträgen des Vermögens von heute knapp 60 Millionen Euro forschungsintensive junge Unternehmen fördert. "Die Innovationsstiftung hat sich außerordentlich positiv entwickelt, sie hat mehr als 60 Firmen unterstützt und damit fast 1500 Arbeitsplätze geschaffen", sagt der Kammerpräses. Nach den Plänen des Senats soll die Stiftung in die IFB eingegliedert werden. Es bestehe die Gefahr, dass die Mitwirkungsmöglichkeit der Wirtschaft bei der Stiftung zugunsten eines stärkeren politischen Einflusses schwinde, so Melsheimer. Er fürchtet außerdem, das Stiftungsvermögen könne zur Finanzierung des Aufbaus der Investitionsbank zweckentfremdet werden: "Das müssen wir schärfstens kritisieren." Der Verdacht, dass es so komme, liege aber nahe, denn für die IFB sei im Hamburger Haushalt kein Geld vorgesehen.
Dem widerspricht Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde: "Nukleus der neuen Bank ist die heutige WK. Damit ist eine Grundfinanzierung vorhanden." Die Innovationsstiftung werde ihre Ziele im Rahmen der Förderbank weiterverfolgen.
Bei einer Expertenanhörung in der Bürgerschaft hatte der Chef der Hamburger Volksbank, Reiner Brüggestrat, allerdings auf die Schwierigkeiten des geplanten Umbaus der WK zu einer Förderbank hingewiesen: "Es ist etwas anderes, Baupläne zu beurteilen als Businesspläne. Dazu braucht es viel Erfahrung."
Zudem fühlen sich die Handelskammer wie auch die Handwerkskammer vom Senat übergangen. "Es gibt einen Unterschied, ob man nur informiert oder tatsächlich eingebunden wird", sagt Schmidt-Trenz. Behördensprecher Stricker weist das zurück: "Es gibt dazu Konsultationen mit der Handelskammer. Sie wird nach ihrer Meinung gefragt." Doch Handwerkskammer-Präsident Josef Katzer äußert den gleichen Vorwurf: "Leider sind wir bisher nicht hinreichend in die konzeptionelle Entwicklung der IFB eingebunden worden", sagt er dem Abendblatt. "Wir hoffen, dass der Bürgermeister dafür Sorge trägt, dass dies in Kürze erfolgt." Denn um den Nutzen der "politisch gewollten" Förderbank für das Handwerk sicherzustellen, sei eine Beteiligung der Handwerkskammer in deren Gremien wichtig.
Den Ansatz des Senats, die Förderstruktur in Hamburg zu optimieren, kann Katzer aber grundsätzlich nachvollziehen. Eine bessere Transparenz der vielfältigen Fördertöpfe und -institutionen hält man zwar auch bei der Handelskammer für wünschenswert. Außerdem sei der Standort in der Habichtstraße in Barmbek-Nord, an dem das Mittelstandsförderinstitut, die Innovationsstiftung, die Hamburger Initiative für Existenzgründungen und Innovationen (H.E.I.), die BTG Beteiligungsgesellschaft Hamburg und die BürgschaftsGemeinschaft Hamburg ihren Sitz haben, sicher nicht ideal. Eine neue öffentliche Bank mit staatlicher Gewährträgerhaftung und entsprechenden Risiken sei aber entbehrlich, so Schmidt-Trenz.
Auf diese Risiken hat auch Karin Prien, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, bereits hingewiesen. Nach ihrer Ansicht sind die "Auswirkungen auf den Hamburger Haushalt nicht überschaubar". Tatsächlich hat die NRW-Bank, die Förderbank Nordrhein-Westfalens, in dieser Hinsicht gerade negative Schlagzeilen geliefert. So stehen in den Bilanzen des Instituts Kreditausfallversicherungen im Volumen von mehr als 20 Milliarden Euro für Staatsanleihen; eventuelle Verluste daraus könnten die Bank überfordern, urteilt die Rating-Agentur Moody's - käme es dazu, müsste der Steuerzahler einspringen.
Zwar ist Hamburg bisher das einzige Bundesland ohne Förderbank. Mit Blick auf die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen und mit diversen Landesbanken ist das für Melsheimer aber kein Grund, in der Hansestadt ein solches Institut aufzubauen: "Der Staat hat nie nachgewiesen, dass er ein erfolgreicher Banker ist."