Beschäftigte der Hamburg Port Authority stehlen ihrem Arbeitgeber Schienenschrott und Metall. Mehrere Hunderttausend Euro Schaden.
Hamburg. Erste Hinweise erhielt die Geschäftsführung der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) Ende September. Konkreter wurde es dann am 7. Oktober: Bei dem Ombudsmann der HPA, dem Bielefelder Anwalt Carsten Thiel von Herff, ging ein anonymes Schreiben ein. "Die HPA wird um viel Geld betrogen", hieß es darin, "Mitarbeiter verkaufen Schienenschrott und Metall auf eigene Rechnung."
Kurz darauf schaltete die HPA die Wasserschutzpolizei ein, die verdeckt ermittelte. Schließlich verkaufte am 9. März ein Fahrer unter den Augen der Beamten eine Ladung Schrott an einen Händler auf der Peute. Die Fahnder griffen zu, durchsuchten auch den Händler und fuhren im Anschluss zum HPA-Standort an der Brandenburger Straße, wo sie weitere Täter vermuteten. Dort blieben die Beamten eineinhalb Stunden und fragten in der Kantine 40 Mitarbeiter nach ihrem Wissen.
Heute ist klar: Bis zu 13 Mitarbeiter mit Arbeitsplatz auf der Spreehafen-Halbinsel, die mit Instandsetzungen im Hafen und an der Hafenbahn befasst waren, könnten nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen in die Diebstähle verwickelt sein. "Wir haben einem Mitarbeiter zum Ende des Monats gekündigt, drei Kündigungen laufen, und fünf weitere Angestellte sind bis zum Abschluss der Untersuchungen freigestellt", erklärte HPA-Sprecher Alexander Schwertner. "Bisher liegen acht Geständnisse vor", sagte Polizeisprecher Andreas Schöpflin.
Die HPA geht davon aus, dass ein Schaden in Höhe einer "mittleren sechsstelligen Summe" entstanden ist, die Polizei kommt bisher auf 300 000 Euro. Die Täter haben offensichtlich über Jahre hinweg bei Baumaßnahmen, vor allem wenn Gleise ausgetauscht wurden, auf Lkw Stahl verladen und ihn bei Händlern verkauft. Den jeweiligen Preis ließen sie sich in bar auszahlen. Inzwischen reichen die Ermittlungen bis 2009 zurück. "Die Täter, die bislang alle aus unteren Hierarchie-Ebenen stammen, haben sich sicher gefühlt", sagte HPA-Chef Jens Meier. "Für uns war es schockierend, von eigenen Leuten bestohlen zu werden."
Wie viele Tonnen Stahl von den Dieben abgezweigt wurden, ist noch nicht klar. Pro Tonne konnten zuletzt z. T. mehr als 300 Euro erlöst werden. Zum Vergleich: Die HPA hat durch Verkäufe bei den mit ihr unter Vertrag stehenden Händlern 2011 für 5400 Tonnen 1,8 Millionen Euro eingenommen.
Die HPA war erst im vergangenen Jahr von einem Korruptionsfall erschüttert worden: Es ging um falsche Rechnungen sowie um eine großzügige Bauunterstützung bei einer spanischen Ferienimmobilie im Gegenzug. Mehrere HPA-Mitarbeiter und verschiedene Firmen waren darin verwickelt. Es entstand ein Schaden von mehr als 500 000 Euro. Folge vor Gericht: Bewährungsstrafen sowie eine Haftstrafe für den hauptangeklagten Behördenmitarbeiter. Der Korruptionsfall hatte sich in eine Vielzahl von Vorfällen aufgespaltet, die sich zwischen 2001 und 2005 ereigneten. Im Wesentlichen betraf es Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an Kaimauern. Dabei wurden Arbeitsstunden in Rechnung gestellt, die nie angefallen waren. Der beschuldigte Hafenamts-Mitarbeiter "unterließ es bewusst, die Rechnungen einer eingehenden Kontrolle zu unterziehen", so das Fazit der Hamburger Finanzbehörde. Die HPA zahlte. Aufgefallen war der Korruptionsskandal durch einen Arbeitsgerichtsprozess. Der gefeuerte Mitarbeiter des hauptbeschuldigten Generalunternehmers hatte dabei im Zorn angeboten, "aus der Praxis zu plaudern", was er dann auch tat und was die Ermittlungen in Gang setzte.
Heute geht HPA-Chef Meier davon aus, dass das von ihm installierte System mit Ombudsmann, Anti-Korruptionsgremien und einem neuen Leiter der Innenrevision greift. So wie in diesem Fall. "Wir sind so aufgestellt, dass wir jeden Gesetzesverstoß aufdecken können", sagt Meier. In solchen Fällen gebe es bei der HPA "null Toleranz".