Ein Kommentar von Iris Hellmuth
Nachrichten aus Aserbaidschan haben von nun an Konjunktur. Den Höhepunkt wird die Berichterstattung über die kleine Republik im Kaukasus voraussichtlich in der 21. Kalenderwoche erreichen: Da findet in der Hauptstadt Baku das Finale des diesjährigen Eurovision Song Contest statt. Sicherlich wird es im Vorfeld einige Talkshows zu dem Thema geben. Moderatoren werden am Abend des 26. Mai an den nötigen Stellen ein betretenes Gesicht machen.
Es ist schon traurig, wie die Welt, wie wir Medien - ja, wie letztlich wir alle funktionieren: Wir nehmen Dinge erst wahr, wenn sie sich nicht mehr verdrängen lassen. Oder wenn es einen Anlass gibt. Seit Jahren werden in Aserbaidschan Journalisten verfolgt, erst im November vergangenen Jahres wurde Rafik Tagi erstochen. Er war Mitarbeiter der Zeitung "Sanat" und galt als Kritiker von religiösem Fanatismus und eines radikalen Islam. Aserbaidschan ist da aber nur ein Land von vielen. 153 Journalisten sitzen derzeit laut "Reporter ohne Grenzen" weltweit im Gefängnis, zehn davon allein in Usbekistan. Pech für sie: 2012 findet in Taschkent weder ein internationaler Gesangswettbewerb noch ein global beworbenes Fußballturnier statt - wie in der Ukraine.
Dort sitzt seit August 2011 die ehemalige Premierministerin Julia Timoschenko in Haft. Glück für sie: Am 8. Juni wird in Warschau und Kiew die Fußball-EM eröffnet. Spätestens dann wird die Berichterstattung über Pressefreiheit in der Ukraine ihren Höhepunkt erreicht haben.