Die Zahl der Verletzten bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen ist auf 90 Menschen gestiegen. Auch Unbeteiligte verletzt.

Hamburg. Der Schock sitzt bei allen Beteiligten auch einen Tag nach den schweren Krawallen bei dem Fußball-Turnier Schweinske-Cup in der Sporthalle Hamburg noch tief. Mitorganisator Peter Sander geht unterdessen am Sonnabend davon aus, dass die Randalierer verabredet waren: "Das war ein krimineller Akt, das war vorbereitet." Und auch Veranstaltungschef Wolfgang Engelmann, der noch am Abend verkündete, dass der zweite Spieltag ausfalle, sprach im Sender Sky Sport News von "organisierter Kriminalität". Offen blieb, ob es Verabredungen zur Gewalt über soziale Netzwerke gegeben hat. Am Freitagabend waren bei dem traditionellen Fußballturnier Fangruppen des FC St. Pauli, VfL Lübeck und des HSV vor und in der Halle aufeinander losgegangen. Rund 300 Polizisten waren im Einsatz. Die traurige Bilanz des Abends: 90 Verletzte und 74 Festnahmen. 40 Menschen, unter ihnen, so die Polizei, befinden sich auch Unbeteiligte, erlitten Augenreizungen durch den Pfefferspray-Einsatz der Polizei. 38 weitere Personen und elf Polizisten wurden darüberhinaus bei den Auseinandersetzungen verletzt. Ein Polizist erlitt einen Kieferbruch, ein anderer einen Achillessehnenriss, ein Ordner erlitt eine Schulterluxation. Insgesamt 74 Randalierer wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen, davon 72 Anhänger des Zweitligisten FC St. Pauli. Zwei Rowdys wurden festgenommen. Rund 300 Polizisten waren im Einsatz. In der Halle hielten sich etwa 3000 Zuschauer auf.

Der Hamburger Fußball-Verband (HFV) stellte die Zukunft der Veranstaltung infrage und kündigte Schadenersatzforderungen an. "Abgesehen vom wirtschaftlichen Schaden für die Veranstalter dieses Turniers wird es in Zukunft schwer, unter solchen Voraussetzungen Sponsoren für derartige Veranstaltungen zu gewinnen“, sagte HFV-Präsident Dirk Fischer am Sonnabend und forderte: "Die Täter müssen gefasst, bestraft und zur Schadenswiedergutmachung herangezogen werden. Man darf diese gefährlichen Straftaten nicht verharmlosen.“

Engelmann räumte allerdings auch ein, dass in der Sporthalle Hamburg die Trennung rivalisierender Fan-Gruppen kaum möglich sei und die Polizei sie als ungeeignet für künftige Turniere ansehe. Der Bundesligist Hamburger SV hatte seine Teilnahme an dem seit 1987 ausgetragenen Turnier im Vorfeld wegen Sicherheitsbedenken abgesagt. Trotzdem waren neben Anhängern von Zweitligist FC St. Pauli und Regionalligist VfB Lübeck Berichten zufolge auch HSV-Fans beteiligt.

"Es war ziemlich heftig, wenn man gesehen hat, wie Kinder mit ihren Eltern nicht wussten, wohin. Wir sollten nicht nach draußen, wir sollten nicht nach oben, überall wurde rumgerannt. Es war schon schockierend“, sagte ein Augenzeuge dem Sender Sky Sport News. "Die Polizei wurde ständig an andere Brandherde gerufen“, berichtete Engelmann. Sander fügte hinzu: "Eine derartige Eskalation haben alle noch nicht erlebt. In dieser Form haben wir nicht damit gerechnet.“

Schon vor dem Beginn des Turniers haben sich Anhänger des VfB Lübeck und des HSV mit Fans von FC St. Pauli Auseinandersetzungen geliefert. "Und dann rennen schon beim Aufwärmen die Polizisten fünfmal durch die Reihen unserer Spieler, weil es Ausschreitungen gibt. Da vergeht einem der Spaß“, sagte Manager Marcel Müller vom Amateurclub SC Condor.

Gegen 19 Uhr liefen beim zweiten Turnierspiel zwischen der Mannschaft "Respect United“ und dem dänischen Pokalsieger FC Nordsjaelland Lübecker Anhänger zum St. Pauli-Block und rissen ein Banner hinunter. Wegen der folgenden Ausschreitungen musste das Spiel zweimal unterbrochen werden. "Die Provokation ging nicht von den Fans des FC. St. Pauli aus“, sagte Clubsprecher Christian Bönig am Sonnabend, betonte aber: "Die Schuldzuweisungen gehen von links nach rechts, da werden wir uns nicht dran beteiligen.“

Die angeforderte Verstärkung sei vor der Halle von St. Pauli-Fans attackiert worden. Fast alle Fensterscheiben im Eingangsbereich seien eingeworfen worden. Mehrere Augenzeugen berichteten, dass St. Pauli-Anhänger den VIP-Raum der Halle gestürmt haben. "Ich wurde auf einmal gepackt und auf den Boden geworfen, danach weiß ich nichts mehr“, sagte eine Mitarbeiterin.

Bönig sprach zwar lediglich davon, die Fans hätten sich Zugang zur Halle verschaffen wollen, verurteilte aber das Eindringen in den VIP-Raum. "Wir haben die Situation gehabt, dass ein Großteil sehr aggressiver Fans des FC St. Pauli weiterhin Auseinandersetzungen gesucht hat, im gesamten Hallenbereich, auch mit der Polizei“, sagte Einsatzleiter Robert Golz bei Sky Sport News. Nach dem Abbruch des Turniers beruhigte sich die Lage erst nach mehreren Stunden.