Ausgerechnet beim Spiel von Respect United eskaliert die Gewalt zwischen Fans des FC St. Pauli und des VfB Lübeck. Polizei nimmt 70 Zuschauer fest und erwägt Abbruch des Turniers in der Sporthalle Hamburg.

Hamburg. Als in der Sporthalle Hamburg nur noch Ernüchterung und Fassungslosigkeit unter den verbliebenen Zuschauern herrschten, als der Fußball endgültig zur Nebensache geworden war, sprach Polizeieinsatzleiter Robert Golz, 48, um 20.30 Uhr diese Worte: "Nach den heutigen Erfahrungen sollte der Schweinske-Cup nicht wieder stattfinden. In dieser Halle ist bei so massiver Gewalt die Sicherheit nicht zu gewährleisten.“ Dem traditionsreichen Internationalen Hallen-Fußballturnier, seit 1987 ein beliebter Termin im Hamburger Sportkalender, droht nach den Geschehnissen vom Freitagabend das Aus.

Es begann schon, bevor die Spiele überhaupt angepfiffen wurden. Vor der Sporthalle Hamburg lieferten sich gegen 18 Uhr einige Anhänger des Regionalligisten VfB Lübeck und des Hamburger Sportvereins auf der einen und Fans des FC St. Pauli auf der anderen Seite gewalttätige Auseinandersetzungen. Trotz massiven Polizeiaufgebots und Fantrennung setzte sich das Duell in der Halle fort. Lübecker Randalierer stürmten während des zweiten Turnierspiels Respect United, wo Ex-HSV-Stürmer Ailton mitspielen sollte, doch RTL verbot ihm das Mitspielen, gegen den dänischen Pokalsieger FC Nordsjaelland zum St. Pauli-Block und rissen dort unter freudigem Gegröhle ihrer "Fans“ eine Fahne des Fanclubs Ultra St. Pauli von der Brüstung. Die laufende Partie musste auf Grund der folgenden Auseinandersetzungen in der ersten Halbzeit gleich zweimal unterbrochen werden. Die angeforderte Polizeiverstärkung wurde laut einem Sprecher der Polizei schon vor der Halle von St. Pauli-Fans attackiert, setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Die letzte vorläufige Bilanz des Abends sollte später 70 Ingewahrsamnahmen und elf Verletzte lauten, darunter ein Polizist

Auch, weil in der Halle noch nicht Schluss war. St. Pauli-Fans stürmten laut mehreren übereinstimmenden Darstellungen von Mitarbeitern den Vip-Raum. "Ich wurde auf einmal gepackt und auf den Boden geworfen, danach weiß ich nichts mehr“, sagte eine noch unter Schock stehende Mitarbeiterin. Nach der dritten Partie, dem 5:4 des FC St. Pauli gegen den SC Condor, wurde es dann leerer. Die ständig provozierenden 120 Lübecker Anhänger mit Bussen abtransportiert. Ein Teil der St. Pauli-Fans verließ aus Protest gegen den Polizeieinsatz mit Pfefferspray, ebenfalls die Halle. "Leider traf unser Einsatz auch Unschuldige. Das tut uns leid, aber wir waren auch mit massiver Gewalt konfrontiert.“, rechtfertigte Golz das Vorgehen der insgesamt 250 Polizisten, die sich außerhalb der Halle nach dem Abtransport der Lübecker einer ebenso großer Zahl gewaltbereiter braun-weißer Anhänger gegenüber gesehen haben sollen. Für eine Weile war die Halle abgesperrt, die Bierstände schlossen, die Gänge waren gespenstisch leer.

"Es ist so unglaublich schade. Unsere Jungs haben sich so auf dieses Turnier gefreut“, sagte Condors Manager Marcel Müller, dessen Team sich Freitag als Turniersieger der Hamburger Hallenmeisterschaften der Amateure für den Schweinske-Cup zusammen mit Endspielgegner FC St. Pauli II qualifiziert hatte. "Und dann rennen schon beim Aufwärmen die Polizisten fünfmal durch die Reihen unserer Spieler, weil es Ausschreitungen gibt. Da vergeht einem der Spaß.“

Die Überlegungen der Turnierleitung, das Turnier abzubrechen, wurden wieder verworfen, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Allerdings steht noch eine Absage für Sonnabend im Raum. Fast völlig unter ging bei alledem das sportliche Geschehen, zum Beispiel das starke Abschneiden der beiden Amateurvertreter. Der FC St. Pauli II holte vier Punkte in seinen zwei Spielen, Condor drei Zähler. "Es ist schde, dass dieses Turnier für Gewalt zweckentfremdet wurde. Jeder Fan, der solche Gewalt ausübt, ist zu viel. Es gibt so viele Menschen, die sich hier ehrenamtlich einsetzen. Dieses Turnier ist ein Schmuckstück von Hamburg. Ich hoffe, es wird dieses Turnier weiter geben“, sagte St. Paulis Pressesprecher Christian Bönig. Und der Abschluss des Turniers gab ihm Recht. Der FC St. Pauli wandelte ein 0:5 gegen Lyngby BK in ein 5:5 um, bot wunderschönen Hallenfußball bei seiner Aufholjagd, der alle verbliebenen Fans begeisterte. So schön kann Hallenfußball sein.