Hamburger Abendblatt:
1. Die deutschen Reeder fordern jetzt einen Schutz durch Bundespolizei in
Piratengewässern. Ist das ein geeignetes Mittel?
Heinz Kuhlmann:
Absolut. Schon jetzt haben doch viele Schiffe private und bewaffnete Sicherheitsleute an Bord, meist sind das ehemalige Soldaten aus Russland oder England. Die Unterstützung durch Polizisten wäre endlich ein offizieller Begleitschutz.
2. Warum sollte Deutschland die Schiffe überhaupt schützen, warum überlässt man das nicht den Reedereien?
Nein, dieser Schutz ist notwendig und auch eine wichtige Aufgabe für unser Land. Für unsere Importe genauso wie für die Exporte. Deutschland muss seine Handelswege und Warenströme schützen, wenn sie in eine derartige Bedrohung geraten sind. Man muss sich klarmachen: Das sind keine armen Fischer, das sind wohlorganisierte Gangsterbanden. Da hat sich förmlich eine Piraten-Industrie entwickelt.
3. Hat die deutsche Bundesregierung bisher die Gefahr durch somalische Piraten denn unterschätzt?
Unterschätzt vielleicht nicht. Aber man ist da nicht entschlossen genug vorgegangen. Es geht immerhin um das Leben unserer Besatzungen. Die Piraten wollen ja nicht die Ladung oder das Schiff - die wollen die Leute als Geiseln, um schnelles Lösegeld zu erpressen. Und wenn Piraten an anderen gefährdeten Ecken dieser Welt wie vor Westafrika oder Indonesien merken, dass praktisch folgenlos bleibt, was derzeit vor Somalia passiert, wird sich die Gefahr noch ausweiten. Dann droht uns noch viel mehr Piraterie als bisher. Im Übrigen wurde auch bei den Reedereien das Problem bisher nach außen nicht übermäßig kommuniziert, möglichst sogar gar nicht. Unsere neuen Kurse zur Piratenabwehr sind bisher weniger gebucht als gedacht. Ich vermute, die Reedereien wollten ihre Leute nicht verschrecken.
4. Somalische Piraten sind jetzt erstmals in Deutschland vor einen Haftrichter gekommen. Höchstwahrscheinlich drohen ihnen mehrere Jahre Gefängnis. Schreckt das ab?
Nein, eine warme Gefängniszelle in Hamburg schreckt die überhaupt nicht ab.
5. Was würde denn abschrecken - und was könnte das Problem vielleicht sogar langfristig lösen?
Wie gesagt, es muss vor Ort entschlossen gegen die Piraten vorgegangen werden. Und langfristig muss dem Land natürlich geholfen werden, dort wieder eine geordnete Struktur auszubauen, einen funktionierenden Justizapparat zum Beispiel. Noch herrscht dort reine Anarchie.