Der größte Optiker in Europa konnte Umsatz und Gewinn im Quartal abermals steigern. Fielmann plant 150 neue Geschäfte in Deutschland.
Hamburg. Wer Günther Fielmann in der Bilanzpressekonferenz beobachtet, könnte leicht auf den Gedanken kommen, hier gehe es um ein Unternehmen im schleichenden Niedergang. Doch was er so lapidar, scheinbar emotionslos und mit monotoner Stimme vorliest, sind Rekordzahlen - wie schon in den vergangenen Jahren. Und es deutet alles darauf hin, dass dies im nächsten und im übernächsten Frühjahr nicht anders sein wird. Eigentlich könnte man den Werbeslogan "Brille, Fielmann" in "Rekord, Fielmann" ändern.
Die größten deutschen Optiker
"Wir erwarten ein weiteres Wachstum von Absatz, Umsatz und Ertrag", sagt der Gründer und Chef von Europas größtem Optiker. Das gilt auch noch für 2011, sofern keine wesentliche Änderung der Rahmenbedingungen eintrete. Von Januar bis März des Jahres 2010 jedenfalls hat sich der Konzernüberschuss um elf Prozent auf 25,9 Millionen Euro abermals verbessert, der Umsatz kletterte auf 281 Millionen Euro.
"Die Branche hatte in den ersten Monaten 2010 ein Minus von vier Prozent, wir sind um 4,9 Prozent gewachsen", stellt Fielmann ganz sachlich fest. Man muss schon sehr genau hinhören, um den kleinen Anflug von Stolz zu erspüren. Der Börse allerdings waren die Zahlen noch nicht gut genug. Zeitweise lag die Aktie um zwei Prozent im Minus, ehe sie dann doch im Plus schloss. "Man hatte am Markt mit Zahlen gerechnet, die einen Tick besser sind", sagt Haspa-Analyst Christian Hamann. Das Papier habe seit Jahresbeginn kräftig zugelegt "und je höher der Kurs ist, um so höher sind die Erwartungen." Verglichen mit dem übrigen Einzelhandel sei Fielmann jedoch ein "hervorragender Titel."
Dem würde der Firmenchef, der auch Mehrheitsaktionär ist, zweifellos zustimmen. Er zieht die längerfristige Betrachtung des Kurses ohnehin vor - und die fällt eindeutig positiv aus. So legten die Fielmann-Anteilsscheine seit Januar 2008, also seit dem Beginn des ersten Finanzkrisenjahres, um knapp 30 Prozent zu. Im gleichen Zeitraum schwächte sich der Index der mittelgroßen Börsentitel (MDAX), dem die Aktie des Hamburger Unternehmens angehört, aber um rund 15 Prozent ab. Schließlich gehöre Fielmann "zur schmalen Gruppe deutscher Unternehmen, die trotz der Krise gewachsen sind", sagt der Vorstandsvorsitzende. Der Absatz erhöhte sich um 5,4 Prozent auf gut 6,4 Millionen Brillen und der Umsatz stieg um 5,3 Prozent auf 1113 Millionen Euro. Dabei erreichte Fielmann schon ohne die zusätzlichen Filialen ein Umsatzplus von mehr als drei Prozent. Neu hinzu kamen 24 Niederlassungen, die Zahl der Beschäftigten kletterte um mehr als 620 auf gut 13 200 Personen.
Trotz der erheblichen Investitionen in den Ausbau verbesserte sich der Überschuss geringfügig auf 114 Millionen Euro. Damit erreicht Fielmann eine Eigenkapitalrendite von 27,6 Prozent nach Steuern. Zum Vergleich: Für die Deutsche Bank strebt ihr Chef Josef Ackermann eine Rendite von 25 Prozent an - jedoch vor Abzug der Steuern.
In diesem Jahr will Fielmann in etwas geringerem Tempo expandieren. Geplant sind 20 neue Niederlassungen und 400 zusätzliche Mitarbeiter. Im Blick hat man dabei nicht zuletzt die Auslandsmärkte Österreich, die Schweiz und Polen.
Aber auch in Deutschland hat der Branchenriese, der trotz eines Anteils von nur fünf Prozent aller Optikergeschäfte immerhin 48 Prozent aller Brillen verkauft, noch einiges vor. Das Ziel ist es, in allen Regionen einen Absatzmarktanteil von 50 Prozent zu erreichen. Dazu will das Unternehmen die Zahl der Filialen um weitere 150 auf 700 erhöhen. Dabei gehört Fielmann zu den Firmen, denen schon allein der zunehmende Altersschnitt der Bevölkerung Rückenwind gibt: Immer mehr Menschen benötigen wegen der Altersweitsichtigkeit für ihre Brille Gleitsichtgläser - "und die sind viermal teurer als Einstärkengläser", erklärt Fielmann. Zudem verkauft er bereits in mehr als 50 Filialen auch Hörgeräte.
Wie stets in den vergangenen Jahren muss der 70-Jährige in der Bilanzpressekonferenz auch die Frage nach seinem Nachfolger beantworten. Zwar schließt sein Sohn Marc das Studium in London im kommenden Jahr ab. Doch Günther Fielmann lässt keinen Zweifel daran, dass er gern noch einige Zeit darüber hinaus dafür arbeiten will, das Unternehmen eines Tages in tadelloser Kondition zu übergeben. Und erst in diesem Moment zeigt sich Fielmann dann doch etwas emotionaler: "Ich habe eine rosarote Brille auf, wenn es um die Zukunft der Firma geht."