Der erste Termin bei der Rückbildungsgymnastik: Sehr delikat, diese Eingangsfragen. "Verlierst du Urin? Wenn ja: tröpfchenweise oder im Schwall?" Wenn ich nicht schon nach den ersten beiden Indiskretionen verschämt zu Boden geblickt hätte, wäre ich spätestens bei den nächsten beiden Fragen verzweifelt: "Hast du Hämorrhoiden? Spürst du beim Sex eher wenig oder viel?" Hämorrhoiden? Hilfe! Sex? Wie bitte? Fünf Wochen nach der Geburt meiner Tochter ist es wahrscheinlicher, dass ich nächste Woche einen Marathon laufe, als an Sex zu denken.
"Willkommen bei der Rückbildungsgymnastik!", trällert die Hebamme fröhlich. Ich schaue mich um. Und bin erst mal wieder beruhigt. Nicht nur ich scheine so auszusehen, wie ich mich fühle. Zwar gönne ich den anderen Frauen ihre ebenfalls beachtlichen Augen- und Hüftringe keineswegs. Aber geteiltes Leid ist nun mal halbes Leid. Ich lerne, dass mein Beckenboden nun sehr viel Aufmerksamkeit braucht. Kommt er nicht in Schuss, drohen chronische Beschwerden einer 90-Jährigen. Das will ich auf keinen Fall. Ich beschließe, gewissenhaft mitzumachen. Aber dann: "Stell dir vor, deine Scheide ist ein Huhn und pickt kleine Körner auf, eins nach dem anderen", sagt die Hebamme. Klar, kein Problem. Ein Huhn. Ein Huhn? Nachdem ich bei den Übungen zuvor untenrum noch ein Schmetterling war, mit meinem Becken Fahrstuhl gefahren bin und fleißig eine imaginäre Acht auf den Boden geschrieben habe, fühle ich mich nicht gerade erotischer. Ich gebe zu, dass ich nicht sehr geduldig bin. Ob die anderen Frauen ihren Männern berichten, was sie hier tun? Wohl kaum. Während ich mich das frage, rollt eine Leidensgenossin mit ihren nackten Füßen zwei Tennisbälle auf meinem Rücken hin und her, meine Kaiserschnittnarbe zieht sich zusammen.
"Zum Abschluss der ersten Stunde dürft ihr euch zur Musik frei durch den Raum bewegen!" Es folgen fünf Minuten afrikanischer Trommelwirbel. Die Hebamme dreht sich mit ausgestreckten Armen und geschlossenen Augen durch den Raum. Ihre beckenbodengeschwächten Jüngerinnen folgen ihr. In diesem Moment weiß ich, dass ich nur eine Chance habe, die weiteren sechs Termine zu überstehen: Ich muss Humor mitbringen. Viel Humor.