Die Werbeausgaben sind 2009 geschrumpft. Doch für 2010 sind Kolle Rebbe und kempertrautmann zuversichtlich. Neue Chancen durch das iPad.
Hamburg. Für eine Branche, die davon lebt, Optimismus zu verbreiten, sind die Zahlen deprimierend: Der Werbeausgaben sind im vergangenen Jahr nach Angaben des Medien- und Marktforschungsunternehmen Nielsen weltweit um 1,6 Prozent auf 392 Milliarden Dollar (291 Milliarden Euro) geschrumpft, in Europa sogar um 4,9 Prozent. Einen Lichtblick gibt es aber dennoch. Denn im vierten Quartal 2009 ist der Werbemarkt schon wieder gewachsen - "ein gutes Zeichen für ein besseres Werbeklima in diesem Jahr", meint Ben van der Werf, Chef von Nielsen Global AdView.
Entwicklung des Werbeaufwands 2009
"Gewisse Erholungstendenzen" sieht auch Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Einen nachhaltigen Aufschwung in diesem Wirtschaftszweig erwartet er allerdings erst für 2011. Nach Schätzungen des ZAW ist der Markt in Deutschland im vorigen Jahr um acht bis zehn Prozent eingebrochen und damit noch stärker als im europäischen Schnitt. "Die deutsche Wirtschaft ist überwiegend mittelständisch strukturiert", sagte Nickel dem Abendblatt, "und manche Mittelständler sehen die Werbung als einen Kostenblock, an dem man in der Krise leicht sparen kann - ohne zu bedenken, dass es um Investitionen in den künftigen Marktanteil geht."
Zudem könne Werbung dabei helfen, der Konjunkturerholung mehr Schwung zu geben. Und gerade die Automobilindustrie, die ihre Werbeetats im Jahr 2009 rund um die Welt um gut 15 Prozent zurückfuhr, hätte nach Ansicht von Nickel gute Gründe, wieder deutlich aktiver zu werden, schon um die Anstrengungen in Richtung einer verbesserten Energieeffizienz darzustellen.
Ein weiterer Hoffnungsträger ist der Finanzsektor. "Banken verdienen wieder Geld und sie müssen ein Interesse daran haben, Produkte zu präsentieren, mit denen man die Niedrigzinspolitik abfedern kann", sagte Stephan F. Rebbe, Geschäftsführer der Hamburger Agentur Kolle Rebbe. "Aber auch der Handel wird angesichts des anhaltenden Verdrängungswettbewerbs sehr aktiv bleiben."
Für den gesamten deutschen Werbemarkt rechnet Rebbe mit einem leichten Zuwachs in diesem Jahr. Dabei werde Kolle Rebbe voraussichtlich moderat zulegen können, nachdem das Unternehmen 2009 entgegen dem Branchentrend sogar ein deutliches Umsatzplus verzeichnete.
Die Aufstockung des Personals um zehn Prozent auf nun knapp 200 Beschäftigte kam vor allem dem Onlinebereich zugute. "Die Menschen verbringen eben immer mehr Zeit im Netz", so Rebbe, "das richtige Rezept für die Werbung im Internet wird aber noch gesucht."
Ein starker Trend, wenn auch auf bislang geringer Basis, sei die Nutzung von Bewegtbildern in den Onlinemedien, sagte Michael Trautmann, Geschäftsführer der ebenfalls in Hamburg ansässigen Agentur kempertrautmann. Die neuen Medien brächten den Werbern ohnehin zusätzliche, spannende Aufgaben - ein Beispiel: "Den Verlagen bietet sich die Chance, auf dem Umweg über das iPad und über elektronische Lesegeräte verloren geglaubte Zielgruppen wieder zurückzugewinnen." Insgesamt sieht Trautmann derzeit erhebliche Bewegung im Markt: "Viele Unternehmen suchen sich neue Agenturen und wir erhalten von einigen Kunden Projekte, mit denen wir zu Jahresbeginn noch nicht gerechnet hatten." Bei manchen Unternehmen setze sich nach der Krise offenbar die Erkenntnis durch, "dass man wieder mehr für die Marke tun muss - und dass Werbung gerade in schwierigen Phasen wirkt", sagte Trautmann.
Ähnlich wie Stephan Rebbe setzt er nicht zuletzt auch auf klassische Werbeformen. So werde die Werbung am sogenannten Point of sale (direkt in den Geschäften) wieder wichtiger, glaubt Rebbe. Und Trautmann ist sicher: "Außenwerbung bleibt sehr spannend, schon weil man nicht wegzappen kann."
Wie Kolle Rebbe konnte auch kempertrautmann im vergangenen Jahr trotz der Branchenflaute zulegen, die Zahl der Mitarbeiter wuchs auf mehr als 120. Angesichts der jüngsten Signale aus dem Markt bleibt Trautmann zuversichtlich: "Wir peilen auch für 2010 ein moderates Wachstum an - und wir stellen weiter ein."