Der Senat will einen Neustart wagen und eine völlig neue Trasse festlegen. Damit wäre die alte Hafenquerspange praktisch offiziell beerdigt.

Hamburg. Wenn man einen Preis für möglichst lange Planungszeiten vergeben könnte in Hamburg - dieses Straßenbauprojekt würde zu den Favoriten zählen: Seit mehr als 30 Jahren soll eine südliche Autoverbindung quer durch den Hamburger Hafen gebaut werden, um A 7 und A 1 zu verbinden. Gearbeitet - und wohl gut verdient - haben daran bisher jedoch nur Gutachter. Heute wird der Senat voraussichtlich einen Neustart wagen und eine völlig neue Trasse festlegen und beim Bund anmelden. Damit wäre die alte "Hafenquerspange" praktisch offiziell beerdigt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass sie mit Kosten von mehr als einer Milliarde Euro kaum zu finanzieren wäre.

Grundzüge der jetzt favorisierten Südvariante (aktuell mit 715 Millionen Euro geschätzt) waren schon vor einem Jahr vorgestellt worden. Und wie so oft in der Geschichte der Hafenquerspange gibt es wieder Proteste und Zweifel an einer Realisierung. "Wir wollen hier keine zusätzliche Autobahn", sagt beispielsweise Michael Rothschuh vom Wilhelmsburger Aktionsbündnis Zukunft Elbinsel. Der pensionierte Professor gilt als ein profunder Kenner der Aktenlage. "Ich mache mir wenig Sorgen, dass die Straße tatsächlich realisiert wird", sagt er, "aber die Pläne würden wieder über Jahre die Entwicklung in Wilhelmsburg blockieren."

Anders als der Sozialwissenschaftler argumentiert die Handelskammer. Fazit ihrer Begründung: Egal ob Nord- oder Südtrasse, Hauptsache die Straße werde endlich gebaut. Sie werde dringend für den wachsenden Containerumschlag im Hafen gebraucht. Zudem könne sie Straßen in der Innenstadt wie Stresemannstraße oder Willy-Brandt-Straße vom Schwerlastverkehr entlasten.

Beide Argumente haben in der Zwischenzeit aber Dämpfer bekommen. Der Hafen erlebt zur Zeit alles andere als einen Aufschwung im Containerumschlag. Und die jüngst von der Stadt in Auftrag gegebene Studie bei der Deges (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH) kommt für die Innenstadt zu einem ernüchternden Ergebnis: Im Variantenvergleich unter dem Punkt "Entlastung der Hamburger Innenstadt" heißt es bei der Südtrasse lapidar: "nicht gegeben".

Entlastung würde diese Trasse aber laut Studie im Süden Hamburgs vor allem in Harburg schaffen: Mehr als 10 000 Fahrzeuge weniger würden dann pro Tag über die B 73 rollen. Relativ zufrieden ist man im Bezirk Harburg über den Trassenverlauf. Der Bezirk Mitte lehnt indes die geplante Anbindung der Hafenquerspange an die A 1 ab. In Wilhelmsburg würde sie parallel zur vorhandenen Straße Kornweide im Tunnel und weiter im Trog führen. "Das belastet die Wohn- und Naherholungsgebiete dort", sagt Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) und fordert "entweder einen kompletten Tunnel" oder eine A-1-Anbindung über Harburger Gebiet - was dort natürlich auf Verärgerung stoßen würde.

In Wilhelmsburg selbst wird die Straße komplett abgelehnt. Jedenfalls in den Äußerungen des Aktionsbündnisses: "Wie kann man hier eine neue Autobahnschneise bauen - während man im Norden der Stadt einen solchen Fehler mit einem teuren Deckel reparieren will?", sagt der Wilhelmsburger Arzt und Insel-Aktivist Manuel Humburg. Man müsse vielmehr das Hafenstraßennetz vernünftig ausbauen, fordert er.

Die Planer der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Wilhelmsburg haben ebenfalls Bedenken gegen die etwa 9,7 Kilometer lange Südtrasse: "Schon jetzt ist deutlich, dass dieses kurze Stück Autobahn zu einem der teuersten in der Bundesrepublik werden dürfte", heißt es in einer IBA-Stellungnahme.

Innerhalb der Hamburger Mitregierungspartei GAL gibt es daher schon Zweifel, ob der Bund angesichts leerer Kassen eine solche Autobahn überhaupt bezahlen wird: "Die Finanzierung halte ich für äußerst fraglich", so der Harburger GAL-Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin.