Mit einer weitsichtigen Energieplanung kann der Senat mehr Betriebe in die Hansestadt locken, sagt HWWI-Direktor Thomas Straubhaar.

Hamburg. Für das Wachstum der Hansestadt Hamburg zu einer international attraktiven Metropole bleiben Industrieansiedlungen nach einer Studie unverzichtbar. Bei steigenden Energie- und Transportkosten dürfte die Hafenstadt für exportorientierte industrielle Branchen an Attraktivität gewinnen. Dieses Fazit zieht eine Forschungsarbeit des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) in Kooperation mit der Immobilienfirma alstria office REIT-AG. Nur auf Dienstleistungen zu setzen, böte zu wenig Potenzial, berichtete HWWI-Direktor Thomas Straubhaar. Besonders südlich der Elbe gebe es noch Flächen für Produktionsbetriebe.

Für eine Industrieansiedlung sind nach den Angaben des HWWI-Chefs Subventionen oder Steuervergünstigungen langfristig nicht ausschlaggebend. Vielmehr sei eine weitsichtige Energieplanung wichtig. „Energie ist ein Schlüsselfaktor im internationalen Vergleich; das wird in Hamburg unterschätzt“, sagte Straubhaar.

Aktuell ist der Bau des Kohlekraftwerks Moorburg politisch umstritten. In der Vergangenheit belasteten hohe Strompreise energieintensive Produzenten, die Hamburger Aluminium-Werke waren vom Aus bedroht.

Weitere Standortfaktoren, die nach HWWI-Auffassung einen Wettbewerbsvorteil bringen, sind optimale Verkehrswege für Zulieferer und Abnehmer der Waren. Der Hafen sollte in der Wirtschaftskrise daher die Chance nutzen, in eine kundengerechtere Abwicklung der Warenströme zu investieren, sagte Straubhaar und mahnte Hinterlandanbindungen des Hafens und eine Elbvertiefung an.

Der HWWI-Direktor zeigte sich überzeugt, dass es – auch aufgrund des demografischen Wandels – zu einer „Landflucht“ aus den Regionen in die Hansestadt kommen wird. Nach einer HWWI-Projektion wird Hamburg bis 2025 rund 2,5 Prozent oder rund 40.000 Erwerbstätige hinzugewinnen, bevor es dann bis 2050 im Zuge der überalternden Gesellschaft rund 8 Prozent (140.000 Menschen) verliert. Um dem entgegen zu wirken, forderte das HWWI die Politik auf, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern und beispielsweise Anreize für Zuwanderer zu schaffen.

„Hamburg ist von Ballungskosten bisher verschont geblieben“, sagte Straubhaar und meinte hohe Mieten, hohe Löhne und Verkehrsinfarkte. „Wir leben noch nicht so verdichtet wie London, Paris oder Barcelona.“ Damit Hamburg als Wohn- und Arbeitsort attraktiv bleibe, müsste die Stadt ihr Ziel, mit Weitsicht wachsen zu wollen, mit klaren Konzepten und Strategien unterlegen. „Die schwarz-grüne Stadtregierung steht in einem Spannungsfeld“, sagte Straubhaar. Sie wolle wachsen, ökologisch möglichst schonend, was sich aber mit steigendem Energieverbrauch, Transport und Lärm reibe. Dem könne aber konstruktiv begegnet werden, beispielsweise mit dem „Sprung über die Elbe“ und der Ansiedlung neuer Quartiere sowie der Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs.

Das Statistikamt Nord verzeichnete in der Wirtschaftskrise von Januar bis September 2009 für die 218 größeren Industriebetriebe in Hamburg (50 und mehr Beschäftigte) im Vorjahresvergleich einen Umsatzrückgang von 30 Prozent auf rund 40 Milliarden Euro. Sie zählten rund 76000 Beschäftigte (minus 2,3 Prozent).