Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz fordert mehr ehrenamtliches Engagement. 1000 Gäste beim Neujahrsempfang in der Elbphilharmonie.

Hamburg. Der Chefredakteur des „Hamburger Abendblatts“, Claus Strunz, hat von den Hamburgern mehr ehrenamtliches Engagement gefordert. „Mit dem Jahreswechsel hat das Jahrzehnt des Bürgers begonnen“, sagte Strunz am Freitag beim Neujahrsempfang der Tageszeitung, die 1948 von Verleger Axel Springer gegründet wurde. "Er, der „Bürger 2020“, der neue Citoyen, kann nicht nur die Antworten auf die Herausforderungen der nächsten zehn Jahre geben – er selbst ist die Antwort", sagte Strunz. Nur der Bürger habe "wirklich die Kraft, die Gräben zwischen den Klassen wenigstens nicht tiefer werden zu lassen". Der Bürger sei das wichtigste Schwungrad der Innovation. "Denn wirklicher Wandel kann nicht von oben kommen, sondern muss durch aktive Bürger von unten initiiert werden."

Nach den Worten von Strunz bringt der Bürger, "den ich vor mir sehe", etwas in die Gemeinschaft ein. "Seine Währung dafür ist nicht unbedingt Geld, Steuern, Stiftung – bürgerliche Werte sind vor allem Zeit und Engagement." Oder noch anders: "Wer etwas kann, soll davon genauso etwas ab- oder weitergeben wie der, der etwas hat." Wenn alle ein bisschen bürgerlicher in diesem Sinne leben und handeln würde, entstehe "ein Immunsystem gegen Krisen, persönliche und die des Gemeinwesens".

1. DIE REDE DES CHEFREDAKTEURS CLAUS STRUNZ IM WORTLAUT

2. DIE ELBPHILHARMONIE

3. DIE SONDERBEILAGE ZUM NEUJAHRSEMPFANG ALS PDF ZUM HERUNTERLADEN

Weiter sagte der Abendblatt-Chefredakteur: "An wen geben wir eigentlich die Lebenserfahrungen weiter, die uns zu denen gemacht haben, die wir sind? Haben wir – jeder von uns – wenigstens einen, den wir in diesem Jahr als Mentor an die Hand nehmen, ihn motivieren, mit gutem Beispiel vorangehen, Chancen aufzeigen, ihn vor Dummheiten beschützen?" Auch das sei eine Pflicht des „Bürgers 2020“. In diesem Zusammenhang zitierte Strunz eine Polizistin aus der aktuellen Ausgabe des Hamburger Abendblatts, die nach anstrengenden Jahren im Streifendienst feststellte: „Sehr viele Menschen kennen ihre Rechte sehr viel besser als ihre Pflichten.“

Mit Blick auf die umstrittene Schulrefom sagte Strunz, der Umgang mit dem Protest sei eine Art Reifeprüfung für die moderne Bürgerstadt. "Manches, was zuletzt zu hören war, deutet darauf hin, dass wir sie bestehen: Sechs Jahre gemeinsames Lernen, das Elternwahlrecht bleibt und der Druck auf die Reform-Zeitachse wird zurückgenommen – das klingt doch nach vernünftigen Koordinaten." Alles andere als ein gemeinsames Ringen um die richtige Bildung unserer Kinder werde der „Bürger 2020“ nicht zulassen.

Strunz kündigte an, dass das Hamburger Abendblatt in diesem Jahr die von Axel Springer dem Abendblatt 1948 in die Wiege gelegte Aktion „Seid nett zueinander“ neu beleben werde. "Es war Springers Antwort auf die Lebensumstände in einer schwierigen Zeit, der 'Ellenbogenexistenz' – wie er es nannte – 'wo einer glaubte des anderen Feind zu sein.'“ Mit den Initiativen „Von Mensch zu Mensch“ und „Kinder helfen Kindern“ sei die Zeitung im sozialen Bereich bereits sehr engagiert, und mit der Aktion „Abendblatt macht Schule“ setze sie ein Ausrufezeichen in Sachen Bildung. Beides werde fortgesetzt und ausgebaut.

"Hinzu kommen sollen 2010 Engagements für die Umwelt und das Miteinander der Kulturen in unserer Stadt", sagte Strunz und fuhr fort: "Soziales Handeln, Bildung, Umwelt und Integration – das sind die vier Säulen der neuen Abendblatt-Kampagne 'Seid nett zueinander'". Für die Zeitung, von der montags bis sonnabends täglich mehr als 235.000 Exemplare verkauft werden, kündigte der Chefredakteur zudem im Frühjahr ein „modernisiertes Gewand“ (Relaunch) an.

Das Hamburger Abendblatt hatte rund 1000 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Medien, Kirchen und Kultur eingeladen - erstmals in den Rohbau der Elbphilharmonie. Auf einem Parkdeck ließen sich neben der Hamburger Polit-Prominenz mit Bürgermeister Ole von Beust (CDU) an der Spitze auch Vertreter der Bundespolitik und benachbarter Länder sehen: Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), der SPD- Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel, der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und der stellvertretende Regierungschef aus Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki (FDP), waren Gäste in Hamburgs künftigem Wahrzeichen. Die Elbphilharmonie an der westlichen Spitze der Hafencity soll bis Ende 2011 fertig und im darauffolgenden Mai eröffnet werden. Das Großprojekt ist aufgrund seiner Baukosten von 323 Millionen Euro umstritten.

So verlief der Empfang - lesen Sie hier den Live-Ticker.

10:35 Uhr: Die ersten Gäste werden von Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz und Verlagsgeschäftsführer Frank Mahlberg begrüßt.

10:38 Uhr: Foto-Legende F.C. Gundlach ist einer der ersten Prominenten, Konzertveranstalter Pascal Funke folgt ihm. Verlegerin Friede Springer kommt herein, wird von Claus Strunz begrüßt.

10:45 Uhr: TV-Moderator Michel Friedmann wünscht Claus Strunz alles Gute.

10:50 Uhr: Jetzt wird es sportlich: HSV-Boss Bernd Hoffmann tritt herein. "Haben Sie Zé Roberto mitgebracht?", fragt Claus Strunz. Hoffmann lächelt...

10:52 Uhr: Ganz besonders herzlich wird Prof. Dr. Jörg F. Debatin, Ärztlicher Direktor im UKE, von Claus Strunz und Frank Mahlberg begrüßt: "Kommen Sie in unsere Mitte" - für ein Foto.

10:55 Uhr: Hamburgs Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) wünscht Claus Strunz und Frank Mahlberg immer eine volle Zeitung - vor allem mit Anzeigen.

10:58 Uhr: Die Räumlichkeiten füllen sich immer mehr.

10:59 Uhr: "Das ist das schönste Parkhaus der Welt. Vielleicht sollte man überlegen, Parkhauskonzerte zu machen", schwärmt Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck über die Elbphilharmonie und das Ambiete beim Neujahrsempfang des Abendblattes.

11:03 Uhr: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff: "Ich bin beeindruckt". So geht es vielen Prominenten, die hier zum ersten Mal sind.

11:05 Uhr: Im dekorierten Raum, der fast einem Saal gleichkommt, herrscht ausgelassene Atmosphäre.

11:08 Uhr: US-Generalkonsulin Karen E. Johnson wünscht allen "a happy new year".

11:15 Uhr: Jetzt kommt HSV-Legende Uwe Seeler. Er wünscht den Menschen mehr Zufriedenheit, mit dem, was sie haben.

11:19 Uhr: Gerrit Braun, Geschäftsführer vom Miniatur Wunderland, hat sich entschieden: " Meine Baustelle 2010 - das ist der Flughafen Hamburg."

11:23 Uhr: Sofort stürmen die Journalisten im Empfangsbereich nach vorne - SPD-Chef Sigmar Gabriel ist angekommen, begrüßt Claus Strunz und Frank Mahlberg. Der Politiker hat hier kein Auswärtsspiel, schließlich ist er als Niedersachse Nachbar von Hamburg...

11:26 Uhr: Dieser Empfang hat Stil - so die Meinung vieler Prominenter.

11:30 Uhr: Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust ist auch eingetroffen. Lässt sich zusammen mit Claus Strunz und Frank Mahlberg ablichten - sicherlich eines der Fotos des Tages. Und Ihre Baustelle des Jahres 2010, Herr Bürgermeister? "Mehr bewegen", sagt Ole von Beust.

11:32 Uhr: Seit einer Stunde begrüßen Claus Strunz und Frank Mahlberg die Gäste - und der Strom reißt nicht ab.

11:37 Uhr: Es ist geschafft: Claus Strunz und Frank Mahlberg haben alle Gäste begrüßt.

11:39 Uhr: Applaus brandet auf, Abendblatt-Chefradakteur Claus Strunz wird aufgerufen.

11:40 Uhr: Claus Strunz ergreift das Wort, begrüßt die Gäste.

11:41 Uhr: "Sollten Sie jetzt gerade unten im Eingangsbereich ein bisschen gezittert haben, dann dürfen Sie uns getrost Absicht unterstellen – gedacht als Reminiszenz an alle, die an der Vorbereitung dieses Empfangs beteiligt waren"", sagt Claus Strunz.

11:44 Uhr: "Schon in wenigen Jahren, da bin ich mir sicher, werden die Silvester- und Neujahrsbilder aus Deutschland, die um die Welt gehen, nicht mehr allein vom Brandenburger Tor kommen. Das Feuerwerk über der Elbphilharmonie wird Hamburg zu einem neuen Leuchtturm der Republik machen", so Claus Strunz.

11:49 Uhr: "Ich bin sicher: Das Jahrzehnt des Bürgers hat begonnen", sagt der Abendblatt-Chefredakteur. Er spricht vom Bürger "2020".

11:51 Uhr: Claus Strunz richtet seiner Hauptbotschaften an das Publikum: "Der Bürger, den ich vor mir sehe, bringt etwas in die Gemeinschaft ein. Seine Währung dafür ist nicht unbedingt Geld, Steuer, Stiftung – bürgerliche Werte sind vor allem Zeit und Engagement. Oder noch anders: Wer etwas kann, soll davon genauso etwas ab- oder weitergeben wie der, der etwas hat. Wenn wir alle – und ich meine wirklich alle, auch mich selbst – ein bisschen bürgerlicher in diesem Sinne leben und handeln, entsteht ein Immunsystem gegen Krisen, persönliche und die des Gemeinwesens."

11:59 Uhr: Jetzt spricht Claus Strunz über das Hamburger Abendblatt: "Für das Hamburger Abendblatt, das große bürgerliche Medium dieser Stadt, ist diese Idee vom „Bürger 2020“ der Maßstab. Wir sind seine Zeitung! Wer sich verhält wie er, wird uns immer an seiner Seite haben. Wer anders durchs Leben zu kommen versucht, wird es mit dem journalistischen Ehrgeiz der Abendblatt-Redaktion zu tun bekommen. Dabei kommt es nicht darauf an, woher jemand kommt – Hamburg, Deutschland, Türkei, USA, China, Ober- oder Unterschicht – und es kommt auch nicht darauf an, wie viel er hat, Millionen oder Dispokredit: Entscheidend ist allein, dass er etwas in unsere Gemeinschaft einbringt, was er ganz persönlich für die Zukunft Hamburgs tut. Wir werden leuchtende Beispiele verstärken und vor abschreckenden warnen."

12:01 Uhr: "Der „Bürger 2020“, streitbar, engagiert, teilend und sich mitteilend, seinem Mitbürger in Freundschaft zugetan: Für dieses Ziel, das sich nur in Hamburg – dieser besonderen Stadt mit ihrer besonderen Tradition, aus der sich eine besondere Verantwortung ergibt - formulieren lässt, ohne sich der Gefahr der Weltfremdheit auszusetzen, für dieses Ziel lohnt es sich hart zu arbeiten, zu streiten, zu verändern, auch sich selbst. Jeden Tag. Gemeinsam mit Ihnen. Vielen Dank! Genießen Sie den Ausblick!", mit diesen Sätzen beendet Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz seine Rede. Die Gäste applaudieren.

12:03 Uhr: Nach der Rede von Claus Strunz beginnt jetzt der eigentliche Empfang.