Sie ist Amerikanerin, er ist Amerikaner im Herzen. Vanessa Seifert sprach mit US-Generalkonsulin Karen E. Johnson und „Mr. Tagesthemen“ Tom Buhrow.
Sie ist Amerikanerin, genau genommen Texanerin. Er ist Amerikaner im Herzen. US-Generalkonsulin Karen E. Johnson und „Mr. Tagesthemen“ Tom Buhrow, der als ARD-Korrespondent mit seiner Familie zehn Jahre lang in Washington gelebt hat, sprachen über „Yes we can“ an der Elbe.
Abendblatt: Frau Johnson, Sie nehmen „Aufbruch 2010“ wörtlich. Ihr Abschied aus Hamburg steht im Spätsommer an. Was nehmen Sie mit?
Karen E. Johnson: Viele Erinnerungen an eine wunderbare Stadt, die in mancher Hinsicht amerikanisch ist.
Abendblatt: Ach ja?
Johnson: Allein als Handelsstadt hat Hamburg traditionell eine enge Bindung an die USA, das prägt.
Tom Buhrow: Ja, es herrscht ein weltoffener Unternehmergeist. Aber im Alltag erlebe ich die Hanseaten im Vergleich zu den Amerikanern doch eher vornehm zurückhaltend.
Abendblatt: Auch gegenüber neuen Ideen? Sind Amerikaner aufgeschlossener, wenn es um das Zauberwort „Change“ geht?
Johnson: Mittlerweile. Früher galt in den USA „Was nicht kaputt ist, müssen wir doch nicht reparieren.“ Heute stellt sich eher die Frage: Wie können wir die Sache noch besser machen? Das ist der Motor für Fortschritt.
Buhrow: Ich glaube, wir Deutschen durchdenken immer erst alles gründlich, auf der vorsichtigen Suche nach einer Patentlösung. Das zeigt sich auch im politischen Führungsstil. In Deutschland wird generell vorsichtig regiert. Obama sagt: „Leute, lasst uns was machen!“ Das ist nicht zwangsläufig besser, aber erfrischend.
Abendblatt: Was muss denn Hamburg 2010 anpacken?
Johnson: Bildung ist das wichtigste Gut. Hamburg, und das muss man schon mal loben, hat erkannt, dass es beim Schulsystem Handlungsbedarf gibt. Ich hoffe, dass es 2010 eine gute Lösung gibt – zum Wohl der Kinder.
Buhrow: Die Schulreform ist ein hochemotionales Thema. Niemand will, dass sein Kind zum Versuchskaninchen wird. Andererseits bleibt auch in der Bildung nicht ewig alles, wie es ist. Als Vater zweier Töchter kenne ich verschiedene Schulsysteme. Die Kernfrage ist: Wie ermöglichen wir auch sogenannten Spätzündern, sich zu entwickeln, ohne dass wir die leistungsstarken Schüler ausbremsen? Ich glaube, der Senat ist dabei, ein paar Schritte in die richtige Richtung zu gehen. Kleinere Klassen und motivierte Lehrer sind ein Muss.
Abendblatt: Was sollte die Stadt noch schaffen?
Buhrow: Hamburg könnte mehr dafür tun, gerade auch in den USA als interessante Metropole wahrgenommen zu werden. Viele meiner amerikanischen Freunde sind bei Besuchen überrascht, was die Stadt für ein Juwel ist.
Johnson: Mit Hamburg verbinden viele meiner Landsleute vor allem die Beatles. Das könnte man noch besser vermarkten. Man müsste die Reeperbahn als deutschen Broadway etablieren.
Abendblatt: Was ist denn ihr persönliches Projekt 2010?
Johnson: Ich möchte die deutsch-amerikanischen Beziehungen weiter stärken. Manchmal herrscht, vielleicht auch durch TV-Serien vermittelt, ein ganz falsches Amerika-Bild. Nein, wir sind nicht alle wie die Simpsons!
Buhrow: Karen, wir könnten doch eine gemeinsame Neujahrserklärung abgeben?
Johnson: Gute Idee! Die Botschaft: Wir müssen an unsere Träume glauben. Das ist gewissermaßen das Fundament Amerikas.
Buhrow: Ich finde, wir sollten uns darauf verständigen, dem neuen Jahr mehr positive als negative Seiten abzugewinnen.
Johnson: Absolut einverstanden.