Hegen Sie Vorurteile gegenüber dem Golfspiel? Dann probieren Sie es doch selbst einmal aus. Das Spiel in der Natur ideal zum Entspannen.
Golf ist elitär, nur etwas für reiche, wahlweise alte Leute und vor allem nur für die seltene Gattung Menschen, die viel Zeit übrig haben. Überhaupt ist dieses Rumlaufen auf kurz geschnittenem Rasen doch nicht ernsthaft als Sport zu bezeichnen! Und wie war das noch mit der Korrelation zwischen Golfspiel und Sexleben?
Kein Sport ist so klischeebeladen und so mit Vorurteilen konfrontiert wie Golf. Um es gleich klarzustellen: mit falschen Vorurteilen. Oder hätte sich sonst die Zahl der in Deutschland registrierten Klubmitglieder in den letzten zehn Jahren mit jetzt 575 176 (davon 220 000 Frauen in insgesamt 769 Klubs) fast verdoppeln können?
Doch, doch, dieser Sport (!) macht fit. Auf 18 Löchern legt ein Golfer sechs bis acht Kilometer zurück und bewegt dabei 124 Muskeln. Ein guter bis durchschnittlicher Spieler benötigt rund 90 bis 100 Schläge und verbraucht dabei in etwa 1200 Kalorien, so viel wie ein Jogger in 70 bis 80 Minuten. Vor allem die Schulter- und Rumpfmuskulatur ist gefordert. Der Sport auf dem Grün verlangt und fördert Ausdauerleistungsvermögen, Konzentration und Technik.
Unterschätzt werden die körperlichen Belastungen vor allem von einer Gruppe - den Golfern selbst, die in der Regel auf ein sinnvolles Aufwärmprogramm mit spezifischen Dehnübungen verzichten und sofort die Bälle in die Ferne hauen.
Das Schöne ist: "Golf eignet sich für alle Altersgruppen. Das Besondere daran: Es macht auch Spaß, wenn völlig unterschiedlich erfahrene Golfer zusammenspielen", sagt Marco Paeke, Geschäftsführer der Vereinigung clubfreier Golfspieler (VcG).
"Ach, ich würde ja auch gerne spielen, aber mir fehlt die Zeit dafür" - mit diesem Argument verzichten viele Interessierte auf den Einstieg. Aber wer zwingt Sie, einen ganzen Tag auf der Anlage zu verbringen? Die meisten Plätze bieten die Chance, drei, sechs oder neun Bahnen in ein bis zwei Stunden zu gehen. Zum Beispiel vor der Arbeit zur Sauerstoff-Aufnahme oder nach dem Feierabend zum Entspannen.
Golf ist alt? Längst hat der Golfverband die Jugend für diesen Sport begeistern können. 2008 nahmen 9600 Schüler am Projekt "Abschlag Schule" teil. Seit 2007 gehört Golf zu "Jugend trainiert für Olympia". Die Klubs bieten günstige Mitgliedschaften für die Jüngsten an: So zahlt beispielsweise ein Kind bis zwölf Jahre in Buchholz (Nordheide) nur 50 Euro im Jahr, für Jugendliche sind 200 Euro fällig. Inbegriffen ist ein wöchentliches Training mit ausgebildeten "Pros", den Golflehrern. Die Folge der Verjüngungskur: Inzwischen ist fast die Hälfte aller Spieler unter 50 Jahre alt.
Golf ist elitär? Längst locken diverse, günstige Einstiegsmöglichkeiten, viele Klubs bieten ein familiäres Ambiente und organisieren unverbindliche Schnupperkurse. Privat betriebene Driving Ranges (Übungsanlagen) lassen die Einstiegsschwelle ebenfalls sinken. So hat Hamburg mit der Golf Lounge in Billwerder Europas erste innerstädtische Driving Range mit drei Abschlagsebenen.
"Auch die VcG hat in den letzten zehn Jahren fast 13 Millionen Euro in die Golf-Förderung investiert und will mit günstigen Einstiegs- und Spielmöglichkeiten die Attraktivität des Sports weiter stärken", erklärt Marco Paeke.
Wer keine Mitgliedschaft eingehen will, kann nach dem Erwerben einer sogenannten "Platzreife" auch gegen Gebühr auf öffentlichen Plätzen wie in Moorfleet spielen, wo ein Green Fee für einen Tag 19 Euro kostet. Einsteiger-Schlägersets kosten um 300 Euro.
Golf ist kommunikativ. Wer glaubt, er müsse einsam in der Natur herumlaufen, irrt gewaltig. Es ist üblich, mit bis zu vier Spielern einen "Flight" zu bilden. Trifft man einen Einzelspieler am Abschlag, wird dieser laut "Etikette" zum Mitspielen eingeladen. Unterschiedliche Spielstärken stellen kein Problem dar, schließlich spielt man miteinander - und nicht gegeneinander.
Golf ist einerseits angesichts des Naturerlebnisses erholsam und schärft die Konzentrationsfähigkeit, andererseits, davor sei an dieser Stelle gewarnt, hält Golf dem Spieler auch gnadenlos den (Charakter-)Spiegel vor, denn Golf ist eben nicht nur das Beherrschen einer äußerst komplexen Schwungtechnik, die vor allem Hockey- und Tennisspieler leicht erlernen, sondern auch totale Kopfsache.
Millionen Golfer kennen das. Sie üben vor einem Turnier und schlagen die herrlichsten Bälle. Und auf dem Weg zum ersten Abschlag springt eine unsichtbare "Golfschwungvernichtungsmaschine" aus dem Gebüsch und lässt den ersten Ball im Teich verschwinden. Golf ist eine Leidenschaft, die nur zu häufig auch Leiden schafft. Kennen Sie den kürzesten Golfer-Witz? "Ich kann's!"
Entschädigt werden Sie aber mit ungeahnten Glücksgefühlen. Sie werden es in dem Moment verstehen, wenn dieses kleine, fiese Ding namens Ball das erste Mal über hundert Meter weit geflogen ist. Übrigens: Einschränkungen der Libido konnten wissenschaftlich ebenfalls nicht nachgewiesen werden.