90 Prozent der Deutschen leiden irgendwann an Rückenschmerzen. Mit gezieltem Training können Sie Ihre Rücken- und Bauchmuskulatur fit machen.
Mit dem Rücken ist es schon so ein Kreuz. Ein schöner kann sprichwörtlich entzücken, doch bei den meisten Menschen drückt und zieht es eher, als dass die Wirbelsäulengegend für Begeisterungsstürme sorgt. Wer jetzt zustimmend nickt, muss wissen: Sie sind nicht allein. Erhebungen zufolge machen 90 Prozent aller Deutschen mindestens einmal in ihrem Leben Erfahrungen mit Rückenschmerzen. Am stärksten betroffen seien Menschen mittleren Alters zwischen 30 und 50 Jahren, teilt das Forum Schmerz im Deutschen Grünen Kreuz (DGK) mit. Doch die Zahl jüngerer Betroffener steigt: Bei 65 Prozent der Jugendlichen unter 18 Jahren wurden bereits Haltungsschäden festgestellt. "Wen wundert das angesichts der Generation Gameboy?", fragt der Sportmediziner Johannes Lüke. Immer mehr Jugendliche lassen ihre Rückenmuskulatur vor dem Computer verkümmern.
Die langfristigen volkswirtschaftlichen Schäden sind enorm. Schon heute verursachen Krankheiten von Wirbelsäule und Rücken jährlich rund 79,4 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage.
Wer wie Kultfigur Horst Schlämmer klagen muss "Ich habe Rücken", den wird es trotzdem wenig trösten, dass die Probleme auch nicht vor Prominenten haltmachen. Geteiltes Leid ist eben nun mal nicht immer halbes Leid.
Hoffnung macht jedoch die Tatsache, dass die Schmerzen in der Regel von harmloser Natur sind. "In über 80 Prozent der Fälle handelt es sich um unspezifische oder funktionelle Rückenschmerzen", sagt die Physiotherapeutin Nina Magnussen, Rückenschulleiterin und Inhaberin der zwei Hamburger Alsterfit-Studios.
Meist helfen bürogeplagten Menschen passive Behandlungsformen wie Massagen im Zusammenspiel mit aktiven, die da heißen: Bewegung, Bewegung, Bewegung. Eine Zauberformel, die auch Hamburgs ehemaligen Ersten Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) wieder in Schwung brachte.
Das "viele Sitzen" sowie falsche Belastung durch Beeinträchtigungen anderer Körperteile wie Knie und Hüften hatten bei dem heutigen Bundestagsabgeordneten für erhebliche Schwierigkeiten mit dem Rücken gesorgt. "Die Muskelverhärtungen führten bei mir dazu, dass schon beim Gehen Schmerzen auftraten", erzählt der 65-Jährige, der früher als Oberligafußballer aktiv war. "Ich habe dann beschlossen, etwas dagegen zu tun."
In einem Volksdorfer Sportstudio begann der Politiker mit gezieltem Rückentraining und erzielte schnell Erfolge. "Man muss trotzdem eine gewisse Ausdauer mitbringen", meint Runde, "kann nicht erwarten, dass nach 14 Tagen eine dauerhafte Stabilisierung eintritt." Wenn es seine Verpflichtungen in Berlin zulassen, trainiert er noch immer zweimal die Woche in der Hansestadt. Die Übungen tun dem Diplom-Soziologen nicht nur körperlich gut. Es sei einfach eine tolle Erfahrung, sich wieder bewegen zu können, sagt Runde und hofft, dass andere Menschen seine Genesung als positives Beispiel auffassen.
Auch die Krankenkassen versuchen, ihren Mitgliedern die Angst vor der vermeintlichen Quälerei beim - im Idealfall vorbeugenden - Rückentraining zu nehmen. "Training soll Spaß machen, deshalb sind der richtige Trainingsaufbau und die optimale individuelle Belastung besonders wichtig", weiß Marco Lüders, Gesundheitsexperte der Barmer in Hamburg. Grundsätzlich tun viele sportliche Bewegungsformen von Schwimmen bis Pilates dem Rücken gut.
Die Experten der Barmer haben eine Liste zusammengestellt, welche Trainingsinhalte für positive Effekte sorgen:
- Aufwärmen: Der Körper wird auf die Belastungen vorbereitet und so das Verletzungsrisiko gesenkt.
- Verbesserung der Körperwahrnehmung: Dauerfehlhaltungen werden vom Gehirn als normal interpretiert. Darum ist es wichtig, wieder ein Gefühl für den Körper zu bekommen.
- Verbesserung der Beweglichkeit: Durch ausreichende Beweglichkeit kann rückengerechtes Verhalten erlernt und durchgeführt werden.
- Muskeldehnung: Ein elastischer Muskel ist weniger verletzungsanfällig. Ebenso fördert eine gedehnte Muskulatur die Beweglichkeit der Wirbelsäule und beugt starkem Verschleiß durch starre Fehlhaltung vor.
- Verbesserung der Koordination: Eine gute Koordination der Bewegung trägt dazu bei, Muskelverspannungen und einseitigen Belastungen vorzubeugen.
- Krafttraining: Gezieltes und dosiertes Krafttraining kräftigt die Rücken- und Bauchmuskulatur, diese wiederum stabilisiert die Wirbelsäule.
Welches Programm für Ihren Rücken geeignet ist, sollten Sie unbedingt mit einem Sportmediziner oder Orthopäden klären. Fangen Sie damit frühzeitig an - bevor der Schmerz übermächtig wird. "Wichtig dabei ist, dass die gezielte Kräftigung der Muskulatur immer mit Dehnung kombiniert wird", erklärt Physiotherapeutin Magnussen. So sei es etwa beim Hohlkreuz erforderlich, die Bauchmuskulatur zu stärken, zugleich aber den Gegenspieler, nämlich die Rückenmuskeln, zu dehnen, damit die verkürzten Muskeln am Rücken die Person nicht wieder in die Fehlstellung fallen lassen. Zugleich sollte unbedingt die Mikromuskulatur des Rückens trainiert werden. Durch gezielte Diagnose und systematisches Training ließen sich die meisten Rückenbeschwerden beheben - lautet Magnussens frohe Botschaft. Also dann: Stärken Sie sich doch mal selbst den Rücken!