Von Barmbek nach Langenhorn: Helmut Schmidts Lebensweg in Hamburg Stationen einer einzigartigen Karriere: Helmut Schmidt als Segler, Politiker, Ost-West-Diplomat, Gärtner, Bräutigam, verliebter Urlauber, Raucher und sportlicher Redner.

Helmut Schmidt und Hamburg - das ist eine ganz besondere Beziehung - seit 90 Jahren. Nüchternheit und Klarheit zeichnen Schmidt aus, er ist unsentimental, oft auch rau. "Das kommt von Hamburg", antwortete er Journalisten gelegentlich, wenn sie etwas Näheres über sein Naturell erfahren wollten.

Tausende von Kilometern ist Helmut Schmidt in der Stadt abgelaufen und -gefahren, die er gerne als "Vaterstadt" bezeichnet. Eine Spurensuche.

Geboren wurde der spätere Kanzler am 23. Dezember 1918 in der traditionsreichen Klinik Finkenau , in der auch zahlreiche andere Hamburger das Licht der Welt erblickten. Das Krankenhaus wurde im Jahr 2000 geschlossen, heute befindet sich darin die Media School. Zwischen Stadtpark, Alster und Kuhmühlenteich verbrachte er seine Jugendzeit. Die vierköpfige Familie Schmidt wohnte zunächst an der Richardstraße , wo sie in einem Mehrfamilienhaus die oberste Etage und einen Teil des ausgebauten Dachs bewohnte. Aus finanziellen Gründen zogen die Schmidts Anfang der 30er-Jahre an die Schellingstraße . Beide Wohnhäuser wurden im Krieg zerstört. Helmut Schmidts Vater Gustav war 1888 in einer Wohnung an der Amandastraße unehelich geboren und von einem Hafenarbeiter adoptiert worden, den die Familie "Opa Schmidt" nannte. In seinen Kindheitserinnerungen schreibt Helmut Schmidt von sonntäglichen Besuchen beim Großvater, der mit seiner Familie in einer einfachen Kate an der Barmbeker Hufnerstraße wohnte. Schmidts Großeltern mütterlicherseits, die Kochs, hatten ein kleines Wäsche- und Kurzwarengeschäft am Mundsburger Damm , in dessen Souterrain sie auch wohnten. Diese Gebäude sind heute ebenfalls nicht mehr erhalten. Helmut Schmidt und sein Bruder Wolfgang mussten regelmäßig von der Schellingstraße zu Fuß zum Klavierunterricht am Winterhuder Weg gehen - eine weite Strecke.

Helmut Schmidt besuchte zunächst die Volksschule an der Wallstraße in St. Georg, danach wechselte er an die Lichtwarkschule am Grasweg (Stadtpark). Hier lernte er bekanntlich seine spätere Ehefrau Loki kennen. Heute befindet sich dort die Heinrich-Hertz-Gesamtschule. Konfirmandenunterricht und Konfirmation hatte er in der St.- Gertrud-Kirche am Immenhof , und Schmidt erinnert sich an lebhafte Diskussionen mit dem Sohn des Pastors im heute noch erhaltenen Pastorat der Kirche. Nach dem Abitur (1937) meldete sich Helmut Schmidt zum Arbeitsdienst in Reitbrook, danach leistete er seinen Wehrdienst in Bremen-Vegesack. Bedingt durch Krieg und Kriegsgefangenschaft kam Schmidt, der im Sommer 1942 Loki Glaser heiratete, jahrelang nur noch sporadisch in seine Heimatstadt. Makaber: Ausgerechnet während des schlimmsten Luftangriffs auf die Stadt im Sommer 1943 hielt er sich in der Stadt auf.

Nach dem Ende des Krieges und der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft schlug sich Helmut Schmidt zu seiner Frau durch, die bei ihren Eltern in Neugraben lebte. Da die Hamburger Schulen zunächst noch geschlossen waren, arbeitete sie zunächst in einem Kinderheim in den Schwarzen Bergen, später dann in der Schule Hirtenweg in Othmarschen. Ebenfalls in Othmarschen, an der Corinthstraße , bewohnten die Schmidts eine kleine Wohnung. Helmut Schmidt studierte von 1945 bis 1949 an der Uni an der Edmund-Siemers-Allee Volks- und Staatswissenschaft. Nach dem Examen begann er als Referent in der Wirtschaftsbehörde, die damals noch an den Großen Bleichen lag. 1952 wurde er dort Leiter des Amts für Verkehr. 1961 wurde Helmut Schmidt Hamburger Innensenator, oder wie es korrekterweise zunächst noch hieß: Polizeisenator. Die Behörde befand sich damals noch am Karl-Muck-Platz .

Die Schmidts bezogen 1962 eine Doppelhaushälfte am Neuberger Weg in Langenhorn, das ihr gemeinsames Zuhause wurde. Loki Schmidt arbeitete an der Schule Eberhofweg im selben Stadtteil. Später erzählte sie, sie habe ihrem Mann beim Einzug deutlich gemacht, dass sie für einen nochmaligen Umzug nicht zu haben sei. Dabei blieb es. Seit dem Auszug der Tochter Susanne bewohnen die Schmidts das komplette Doppelhaus.

Auch lange nach dem Beginn seiner bundespolitischen Karriere nutzte Helmut Schmidt jede Gelegenheit, aus dem ungeliebten Bonn so schnell wie möglich wieder an die Alster zurückzukehren - und sei es nur für ein Wochenende. "Jede Nacht, die ich in meinem Bett in Hamburg verbringe, dient meiner Gesundheit und Erholung", ist ein überlieferter Satz. Auch die Stadt profitierte davon, dass Schmidt als Bundeskanzler Staatsgäste aus aller Welt am liebsten zu Hause empfing.

1983 wurde Helmut Schmidt Mitherausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit". Noch heute hat er in den Redaktionsräumen am Speersort ein Büro.