Wirtschaftsexperten geben Politikern klare Mitschuld am Debakel der Landesbank.

Wirtschaftswissenschaftler haben auf die Verantwortung der Aufsichtsräte für die dramatischen Verluste der staatlichen Banken hingewiesen. Damit widersprachen sie Finanzsenator Michael Freytag und seinem Vorgänger Wolfgang Peiner (beide CDU), die im Aufsichtsrat der HSH Nordbank sitzen. Die gemeinsame Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein hatte mit riskanten Wertpapiergeschäften 360 Millionen Euro Verlust gemacht, muss 1,3 Milliarden Euro abschreiben, rechnet mit weiteren Verlusten und musste die Rekordhilfe von 30 Milliarden Euro beim Bund beantragen. Freytag und Peiner hatten jede Verantwortung für das Debakel zurückgewiesen.

Ohne konkreten Bezug auf die HSH Nordbank zu nehmen, wies der Chef des Hamburgischen Weltwirtschafts-Instituts, Prof. Thomas Straubhaar, darauf hin, dass für die strategische Ausrichtung von Banken die Aufsichtsräte zuständig seien. "Der Aufsichtsrat hat damit auch die letzte Entscheidung darüber zu treffen, welche Renditen das Unternehmen anstreben soll und welche Risiken dafür eingegangen werden." Der Vorstand operiere "nicht im luftleeren Raum". Die Aufsichtsräte hätten von den Vorständen zuletzt immer eher hohe Renditen verlangt und damit auch das Eingehen höherer Risiken gebilligt oder sogar darauf gedrängt. "Es hat bei den Banken, die jetzt in Engpässe geraten sind, zu wenig Risikobewusstsein gegeben", so Straubhaar. "Diese Verantwortung trifft Vorstände und Aufsichtsräte gleichermaßen." Straubhaar betonte, dass es nicht die originäre Aufgabe von Landesbanken sei, mit riskanten Geschäften hohe Renditen zu erwirtschaften - sondern die regionale Wirtschaft mit Krediten zu versorgen.

Der Hamburger Wirtschaftsjurist Prof. Michael Adams warf der HSH Nordbank eine "skandalöse Vernachlässigung des Regionalprinzips" vor. Ihre Aufgabe sei es, die Region zu unterstützen. "Jetzt aber ruiniert sie die Region mit ihren globalen Geschäften." Für diese Krise trage sehr wohl der Aufsichtsrat die Verantwortung, so Adams. Zudem würden ihm regelmäßig Risikoberichte vorgelegt. Es gebe in den Aufsichtsräten der Staatsbanken eine "atemberaubende Inkompetenz". Nach einer Studie würden nur fünf Prozent der Aufsichtsräte überhaupt etwas von dem Geschäft verstehen. "Der Aufsichtsrat der HSH Nordbank müsste komplett zurücktreten", so Adams. Es stelle sich bei den "unglaublichen Summen", die die Nordbank nun brauche, auch die "Haftungsfrage".

Die HSH Nordbank betonte, dass dem Aufsichtsrat viermal jährlich Risikoberichte gegeben worden seien. Dazu habe es jährlich sechs Sitzungen des "Risikoausschusses" gegeben - und außerordentliche Aufsichtsratssitzungen. Ex-Senator Peiner habe als Aufsichtsratschef an all diesen Sitzungen teilgenommen und schriftliche Risikoberichte erhalten.

FDP-Chef Burkhardt Müller-Sönksen forderte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) auf, Peiner als Aufsichtsratschef abzuberufen. SPD-Finanzpolitiker Peter Tschentscher warf Finanzsenator Freytag vor, so zu tun, als habe er von nichts gewusst. "Das ist nicht das Bild, das wir von einem verantwortungsvollen Aufsichtsrat haben", so der SPD-Mann.