Viele Reisende saßen in Hamburg fest. Noch bis Freitag gilt ein Notfahrplan. Verband übt Kritik und fordert mehr Reservezüge. Infos und Ersatzfahrpläne im Internet auf www.bahn.de/aktuell

Zugausfälle, Verspätungen und Überfüllung: Die zusätzlichen Sicherheitsüberprüfungen der Bahn von fast allen Zügen der Bauserie ICE-T mit Neigetechnik haben am Wochenende massive Beeinträchtigungen nach sich gezogen. In Hamburg fiel am Sonnabend fast jeder zweite Zug nach Berlin aus, am Sonntag war es jeder dritte Zug.

"Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich noch länger in Hamburg geblieben", sagt Helena Hillebrand (66). Die Rentnerin aus Dessau hatte am Wochenende Freunde in Hamburg besucht und nichts von den Problemen im Fernverkehr mitbekommen - bis sie gestern um 17.03 Uhr von Hamburg-Altona nach Berlin fahren wollte und der Zug ausfiel. "Natürlich ist das ärgerlich. Vor allem, weil wir eine Preiserhöhung nach der anderen schlucken müssen", sagt Helena Hillebrand, die wegen des Zugausfalls erst mit einer Verspätung von zweieinhalb Stunden zu Hause eintraf.

Video: Bahn zieht 70 ICEs aus dem Verkehr

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Und sie war nicht die Einzige, die in Altona festsaß: Dutzende Fahrgäste warteten vergebens auf Bahnsteig 12 auf einen Zug. "Eigentlich sollte ein Ersatzzug eingesetzt werden, doch jetzt fährt noch nicht mal der", ärgerte sich eine Mutter mit Kind. "Ich wollte meinem Sohn zeigen, wie schnell und komfortabel der ICE ist - aber das hat sich damit ja wohl erledigt." Denn statt des ICE waren auf vielen Strecken langsamere IC-Ersatzzüge mit teilweise verringertem Platzangebot im Einsatz, sodass es zu Verspätungen von bis zu 30 Minuten sowie Überfüllung in vielen Zügen kam. Die Strecke Hamburg-Berlin-Leipzig-München gehörte zu den vier am meisten betroffenen Linien.

Doch trotz aller Beeinträchtigungen blieb das Chaos aus. Um den erwarteten Rückreiseverkehr am Sonntag und zu Ferienende zu bewältigen, hatte die Bahn kurzfristig weitere Ersatzzüge eingesetzt, sodass auf den betroffenen Strecken rund zwei Drittel der Zugfahrten abgedeckt werden konnten. In den nächsten Tagen soll der Verkehr durch zusätzlich einsetzbare Fahrzeuge noch weiter verstärkt werden. "Sobald einer der rund 70 betroffenen ICE-T durch die Inspektion ist, wird er sofort wieder eingesetzt", so eine Bahnsprecherin. Der Notfahrplan gilt zunächst bis Freitag. Allerdings könne man nach Angaben der Sprecherin zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einschätzen, wie lange die Situation tatsächlich dauern werde.

Wie berichtet , hatte sich die Bahn am Freitag aufgrund "nicht belastbarer Garantien der Industrie über den sicheren Einsatz der ICE-T-Fahrzeuge" dazu entschlossen, die Züge zur zusätzlichen technischen Überprüfung aus dem Betrieb zu nehmen.

Hintergrund war die zuvor vom Hersteller empfohlene Verkürzung der Prüfungsintervalle, nachdem man einen Riss in einer Achse eines ICE-T gefunden hatte und nachdem im Juli die Achse eines ICE gebrochen und der Zug in Köln entgleist war.

Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte unterdessen, für derlei Fälle einen Reservepool von rund 50 Zügen bereitzuhalten. "Laut Grundgesetz trägt der Bund die Verantwortung für den Fernverkehr", sagte Verbandsvorstand Karl-Peter Naumann dem Abendblatt. Die Politik dürfe nicht tatenlos zusehen, sondern müsse ihrer Verantwortung nachkommen.


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