Bisher mussten Staatskarossen kraftvoll sein. Schon Konrad Adenauer fuhr einen Mercedes 300, und die schwere Limousine der einheimischen Edelmarke...

Bisher mussten Staatskarossen kraftvoll sein. Schon Konrad Adenauer fuhr einen Mercedes 300, und die schwere Limousine der einheimischen Edelmarke wurde vielerorts zum Symbol eines souveränen Politikstils. Gestern hat Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) ihren neuen Dienstwagen vorgestellt. Es ist ein japanischer Mittelklassewagen mit vergleichsweise schnöden 78 PS. Dafür glänzt der Toyota Prius mit einem sparsamen Hybrid-Motor, der 4,5 Liter auf 100 Kilometer verbraucht und bei geringer Leistung auf Elektroantrieb umstellt. Auch die GAL-Senatoren Christa Goetsch (Bildung) und Till Steffen (Justiz) haben bereits dieses Modell bestellt. Damit deutet sich ein Gesinnungswechsel an. Nicht Größe und Leistung, sondern Sparsamkeit und Umweltschutz werden offenbar zum Symbol politischer Glaubwürdigkeit.

"Der Senat will innovativen Antriebstechniken den Vorzug geben. Dabei geht die Umweltbehörde mit gutem Beispiel voran", sagte Hajduk. Die Hersteller Mercedes und BMW, die bisher traditionell den Senat belieferten, dürften diese Sätze nicht gerne hören. Offenbar gibt es derzeit kein deutsches Auto, das den neuen Ansprüchen der Politiker genügt. Die Top-Ten-Liste der umweltfreundlichsten Autos vom Verkehrsclub Deutschland zumindest enthält nicht ein einziges einheimisches Fabrikat. Der Toyota hingegen steht auf Platz eins. Entsprechend bemüht reagierten die deutschen Traditionsmarken: Wie Senatssprecher Christoph Otto bestätigte, schickten sie den Senatoren zum Amtsantritt persönliche Briefe, um auf die ökologischen Vorzüge der Marken hinzuweisen.

Offenbar wissen auch die Autohersteller: Durch eine neue Regelung der Finanzbehörde können sich Senatoren nun alle zwölf Monate ein Auto aussuchen, das anschließend möglichst kostengünstig geleast wird. "Wir beobachten das Angebot auf dem Automarkt und können bei Bedarf die Anbieter wechseln", sagt Senatssprecher Otto. 104 Gramm Kohlendioxid pustet der Toyota pro Kilometer in die Luft. Dieser Wert liegt unterhalb der beschlossenen EU-Richtlinie von 120 Gramm. Wenn sie im Jahr 2012 in Kraft tritt, müssen Fahrer von weniger sparsamen Autos mit zusätzlichen Kosten rechnen.

Bis dahin könnte die Hybrid-Begeisterung der GAL auch die CDU erreicht haben. Bisher nutzen die Unions-Senatoren sämtlich Wagen, deren C02-Ausstoß deutlich über dem Durchschnittswert von 160 Gramm liegt. Bürgermeister Ole von Beust fährt in einen Mercedes E300 mit umweltfreundlicherer Bluetec-Technologie. Kohlendioxid-Ausstoß: 194 Gramm. Ebenfalls beliebt: Der 525 BMW mit einem Ausstoß von 185 Gramm, den Innensenator Dieter Ahlhaus, Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach und Sozialsenator Dietrich Wersich nutzen. Finanzsenator Freytag kündigte an, bald auf einen Mercedes mit Bluetec umzusteigen.

Welche Bedeutung der Wirtschaftlichkeit des Dienstwagens bald zukommen könnte, deutet jüngst die Klage des Vereins Deutsche Umwelthilfe gegen Jürgen Rüttgers (CDU) an: Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen weigerte sich, die Klima-Daten seines Autos bekannt zu gegeben.