Vieles spricht dafür, dass die Veranstalter in Hamburg im kommenden Jahr erneut ein Klima- und Antirassismus-Camp organisieren wollen. Vergleichbare...

Vieles spricht dafür, dass die Veranstalter in Hamburg im kommenden Jahr erneut ein Klima- und Antirassismus-Camp organisieren wollen. Vergleichbare Projekte gibt es in anderen Staaten, etwa England, bereits seit Jahren. Die Argumentation der Organisatoren: Hamburg biete mit seinen Kraftwerkplänen in Moorburg Angriffsfläche für Protest gegen Energie aus fossilen Brennstoffen. Außerdem würden vom Flughafen Fuhlsbüttel zahlreiche Ausländer mit gecharterten Flugzeugen abgeschoben.

Doch obwohl die Camp-Organisatoren bilanzieren, "erfolgreich den Finger in die politischen Wunden gelegt" zu haben, hat eine inhaltliche Diskussion um diese Themen die politische Ebene der Bürgerschaft nicht erreicht. Dies lag auch an Fehlern der Kommunikation der Camp-Sprecher, die von vielen Politikern allerdings dankbar aufgenommen wurden. Das Grundproblem: Eine heterogene Ansammlung einer hohen zweistelligen Zahl von Aktivistengruppen- und Netzwerken wurde de facto durch eine kleine Zahl von Sprechern vertreten, die keinen Anlass sahen, sich von Gewaltaktionen gegen Menschen zu distanzieren. Die öffentliche Diskussion verengte sich somit auf Pflastersteine, die einige Täter aus dem Umfeld des Camps durch das Fenster eines Beamten der Ausländerbehörde geworfen hatten.

Für den schwarz-grünen Senat bedeutete diese zweifellos als Straftat zu bezeichnende Aktion aber auch, mit einer Debatte über innenpolitische Sicherheit die Fragen nach der Zukunft des Kraftwerkprojekts Moorburg überdecken zu können. Die Sprecher des Camps hingegen glaubten weiterhin, ihre politischen Ziele der Menschenrechte und des Klimaschutzes mit einer breiten Aufmerksamkeit thematisieren zu können.

Die Annahme, dass öffentliche Kommunikation so funktioniert, ist allenfalls naiv. Obwohl vielen der Aktivisten dieses Beispiel aus der Marktwirtschaft missfallen dürfte: Steht ein Einzelprodukt eines Unternehmens im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein, sind potenzielle Kunden kaum daran interessiert, welche wohl tadellosen Angebote diese Firma sonst noch im Angebot hat.

Wer in den vergangenen Wochen das Camp in Lurup besucht hat, dort vielleicht gegen eine Spende einen Teller Kartoffeln mit indischen Gewürzen gegessen hat, hat eine äußerst friedliche Stimmung erlebt. Und sah, dass zwischen Dienstplänen, Terminkalendern und ruhigen Gruppendiskussionen wenig Platz für sogenannte "Chaos-Camper" ist. Und Beobachter wissen auch, dass die dort vertretenen Aktivisten und Gruppen so unterschiedlich sind, dass einige Gruppen es nicht mal wünschen, wenn fremde Zelte in ihrem Gebiet aufgestellt werden, wie die "taz" berichtete. Verglichen mit Ferienlagern herrscht dort aber eine gegenseitige Rücksichtnahme, die Jugendgruppenleiter von gewöhnlichen Feriencamps ungläubig blinzeln lassen würde.

Dass sogar die Protestaktionen mit einer an deutsche Campingplätze erinnernde Akribie vorbereitet wurden, wirft aber weitere Fragen auf. So wurde die Absicht, die Baustelle des Kraftwerks Moorburg gegen den Willen der Polizei zu stürmen, bereits Monate vorher bekannt gegeben. Während das überraschend an der Baustelle aufgehängte Plakat aus Sicht der Aktivisten als Erfolg gewertet werden kann, war beim angekündigten Sturm auf Moorburg an diesem Sonnabend ein handgreifliches Aufeinanderprallen mit der Polizei bereits programmiert.

Wieder dominiert Gewalt in der öffentlichen Wahrnehmung. Viele der Klima-Camper dürften damit unzufrieden sein.