Amtsrichter schließt Bewährung aus. Medizinerin habe ihre Schuld vertuschen wollen. Es sollte ein harmloser Routine-Eingriff sein. Doch der kleine Franjo (4) bezahlte ihn mit seinem Leben. Jetzt muss die Hamburger Ärztin, die den Jungen falsch behandelte und damit seinen Tod verursachte, ins Gefängnis.
Hamburg. Das Amtsgericht Wandsbek verurteilte die Anästhesistin Petra O. gestern wegen fahrlässiger Tötung zu 22 Monaten Haft ohne Bewährung. Außerdem verhängte es ein fünfjähriges Berufsverbot gegen die Medizinerin. Die Staatsanwaltschaft hatte eine 18-monatige Bewährungsstrafe, der Verteidiger Freispruch beantragt. Der Anwalt der 49-Jährigen kündigte unmittelbar nach Verkündung des Urteils an, Rechtsmittel dagegen einzulegen.
Franjo hatte am 7. August 2006 im Kinderkrankenhaus Wilhelmstift nach einer kurzen Operation wegen Vorhautverengung einen Fieberkrampf bekommen. Die Ärztin verabreichte dem Vierjährigen daraufhin eine hoch dosierte Glukose-Infusion. Wenig später verschlechterte sich der Zustand des Jungen rapide. Mehrere Ärzte versuchten das Leben von Franjo zu retten, doch vergeblich. Er starb an einer Hirnschwellung - Folge der zu hohen Dosierung der Glukose. Ein Sachverständiger bezeichnete die verabreichte Menge von 500 Milliliter 40-prozentiger Lösung als "irrwitzig". Dies sei "das Todesurteil" für Franjo gewesen.
Im Prozess sagte die Angeklagte, die seit dem Vorfall beurlaubt ist, sie "lebe seit diesem Tag mit der Schuld". Auf das Urteil reagierte sie geschockt: Sie schlug die Hände vors Gesicht, hörte danach wie erstarrt den Worten des Richters zu. Der Amtsrichter betonte, die Ärztin habe einen "ganz kapitalen Kunstfehler" begangen. Danach habe sie gegenüber anderen Medizinern, die um Franjos Leben kämpften, die fatale Dosis der Glukose verschwiegen und versucht, die Schuld auf andere abzuwälzen, "damit sie selbst in besserem Licht dasteht". Ärzte müssten aber, wie alle anderen Menschen auch, für ihre Fehler einstehen, so der Amtsrichter. Mit ihrem Verhalten habe Petra O. "dem Ansehen der Ärzteschaft einen ganz erheblichen Schaden zugefügt".
Die Mutter des kleinen Franjo, Jessica W., zeigte sich gestern erleichtert über das Urteil. "Ich bin zufrieden", sagte die 29-Jährige. "Gerechtigkeit wird es für Franjo nicht geben." Aber im strafrechtlichen Sinne sei das Strafmaß aus ihrer Sicht angemessen.