Tausende Läufer quälen sich Sonntag durch die Stadt. Das Abendblatt geht der Motivation einiger Teilnehmer auf den Grund.

Monatelanges Training, zahlreiche Entbehrungen, Schmerzen - für viele der rund 23 000 Freizeitläufer bedeutet der Start zum 23. Conergy Marathon Hamburg das Ende einer Leidenszeit. Aber wieso quält sich der Freizeitläufer 42 Kilometer lang, wenn es schon nach den ersten zehn in den Oberschenkeln zwickt? Ist es die pure Freude am Sport, einfach nur eine übertriebene Art von Selbstbestätigung oder pure Selbstgeißelung? Bei der Marathonvorbereitung hat schließlich nicht nur der Läufer zu leiden, auch Beruf, Familie und Freunde müssen wegen des zeitintensiven Trainings oft hinten anstehen. Was sind die Ziele - einfach nur "durchkommen" oder vielleicht sogar die Bestzeit des Arbeitskollegen angreifen?

Das Abendblatt ist diesen Frage nachgegangen und hat sich bei Freizeitläufern umgehört, die sich auf die Strecke machen.

In den Messehallen findet die sogenannte Laufmesse statt. Vom Energieriegel über Laufschuhe bis hin zum revitalisierenden Duschgel gibt es alles zu kaufen, was das Joggerherz begehrt. Die wirklich wichtigen Verkaufsstände befinden sich ganz hinten in der Messehalle. Dort wird nichts verkauft, hier bekommt der Läufer sogar etwas geschenkt: Eine Plastiktüte, voll mit Utensilien für den Wettkampf. Enthalten sind ein Streckenplan, Pflaster gegen Blasen und zahlreiche Informationsbroschüren rund um das Laufereignis. Und natürlich das Wichtigste: die Startnummer.

Johannes Petritzky (44) hat die Nummer 16831 zugelost bekommen. Der gebürtige Hamburger hat Glück, denn seine Trainingsrunde muss er nicht einsam und allein im Park absolvieren, Töchterchen Wiebke ist immer mit von der Partie. "Wenn es flott vorangeht, ist alles in Ordnung. Aber wenn ich zu langsam laufe, fängt sie an zu brüllen", sagt der stolze Vater, "das ist doch ein super Teamwork." Der 44-Jährige läuft seit fünf Jahren regelmäßig, um gesund zu bleiben, nachdem "Billard und Skat nicht wirklich dazu beigetragen haben". Er ist dieses Jahr nur ungenügend vorbereitet, der Nachwuchs hat natürlich seine Zeit eingefordert. "Meine Bestzeit von 3:40 Stunden werde ich wohl nicht angreifen können", sagt Johannes Petritzky und streichelt dem Trainingspartner zärtlich über den Kopf.

Dirk Stender hat irgendwann aufgehört zu zählen, diesen Sonntag starte er "vielleicht zum zehnten oder zwölften Mal". Der 63-Jährige ist am Freitag aus Pfronten im Allgäu angereist, er hat vor vielen Jahren die Liebe zum Ausdauersport entdeckt. "Die Atmosphäre hier ist toll, der Marathon gibt mir ein gutes Gefühl, meine Belastungsfähigkeit nimmt immer mehr zu", sagt er und verweist nicht ohne Stolz auf seine Bestzeit von 4:12 Stunden. Auch dieses Jahr fühlt sich der Allgäuer fit, seine Heimat sei "mit den ganzen Hügeln schließlich wie geschaffen für eine optimale Vorbereitung".

Die beiden waren gemeinsam im Mekka des Marathonsports am Start. Gudrun Weißgärber (54) und Ilona Rudolph (46) sind im vergangenen November beim New York Marathon gestartet. "Das war ein unvergessliches Ereignis, ein wirklich tolles Event", sagt Gudrun Weißgärber. Beide kommen aus Leipzig, und auch sonst machen sie vieles gemeinsam: Training, bisher insgesamt acht Marathons, morgen geht's noch gemeinsam auf die Reeperbahn. "Wir laufen immer zusammen los", sagt die Ältere der beiden, "am Ende rollen wir das Feld dann von hinten auf." Beide verfolgen ein gemeinsames Ziel: den sportlichen Ehrgeiz mit Spaß verbinden.

Genau deshalb sind die beiden Freundinnen 2007 auf den Kilimandscharo geklettert.

Was sind da schon 42 Kilometer quer durch Hamburg?