Hauptgrund sind hohe Mieten und das Einkaufsverhalten der Kunden. Die kleinen Geschäftsleute setzen auf Service und Werbegemeinschaften.

So klingt das Universal-Abc des Shoppings: C&A, H&M, P&C. Denn zunehmend sind es die ewig selben Großkonzerne, die mit ihren Filialen bundesweit die Einkaufsmeilen prägen. Doch die Hamburger Innenstadt wird stärker als jede andere Großstadt von den Handelsketten beherrscht: An der Spitalerstraße, durch die allein an jedem Sonnabend pro Stunde mehr als 14 000 potenzielle Kunden schlendern, sind 90 Prozent der Geschäfte Filialen. Zu diesem Ergebnis kommt das Essener Immobilienunternehmen Brockhoff & Partner, das die Ausbreitung der Ketten in mehr als 300 deutschen Städten untersucht hat. Bert Pfeffer, Bereichsleiter Nord: "In der Hamburger City ist die Filialisierung deutlich heftiger als in den Einkaufsstraßen anderer Metropolen." Zum Vergleich: An der Berliner Friedrichstraße machen Filialen 75,2 Prozent der Läden aus, an der Kaufinger Straße in München nur 66,7 Prozent.

Ist Hamburg als Einkaufsstadt beliebig und profillos geworden? "Es gibt insbesondere in Stadtteilen wie Eppendorf oder Ottensen noch Straßen mit Charme und Vielfalt", sagt Wolfgang Linnekogel vom Hamburger Einzelhandelsverband. "Aber in der Innenstadt geht der Trend seit Jahren zur Filialisierung." Allein an der Mönckebergstraße ist mittlerweile fast jedes zweite Geschäft ein Ableger von einem der großen Textilunternehmen. Ein Grund: Die Mietpreise, die laut Immobilienexperten bei durchschnittlich 150 Euro pro Quadratmeter liegen. "Das kann sich kein kleiner Laden leisten", sagt Linnekogel. Waren 1979 noch insgesamt 2600 inhabergeführte Fachgeschäfte im Hamburger Einzelhandelsverband registriert, so sind es aktuell gerade noch 500. "Die Ertragssituation für die Einzelhändler ist derzeit alles andere als rosig", sagt Linnekogel. Die durchschnittliche Rendite liege bei 1,5 Prozent. "Da hat man mehr Geld, wenn man Omas Sparstrumpf plündert." Zudem gebe es in Hamburg schon jetzt 40 Prozent mehr an Einkaufsfläche, als der Bedarf erfordere. "Im Klartext: Immer mehr Wettbewerber müssen sich einen einzigen Kuchen teilen. Kapitalstarke Unternehmen sind schon deshalb im Vorteil, weil sie mit viel Werbung auf sich aufmerksam machen können."

Trotzdem gibt es Kleine, die den Großen trotzen. "Wir kämpfen täglich gegen Elektromarktketten, die Kunden mit Billigangeboten locken", sagt Andre Frahm (33), einer der drei Besitzer des Tonträgerfachgeschäfts Michelle Records (Gertrudenkirchhof). "Mit diesen Schnäppchen, die oft unter dem Einkaufspreis liegen, können wir nicht mithalten." Doch statt sich zu beschweren, setzen Frahm und seine Kollegen auf Service: "Unsere Werbung ist Kompetenz." So sieht das auch Frank Rudolf Sobiechowski (47), Inhaber des Herrenausstatters Frank Rudolf im ABC-Viertel. Gerade erst hat er eine Werbegemeinschaft gegründet, um von Inhabern geführte Geschäfte besser zu vermarkten. 35 kleine Läden machen schon mit. "Damit die Kunden nicht abwandern, müssen wir uns viel einfallen lassen."

Denn Ketten können schneller und flexibler auf Trends reagieren. "Unsere Läden werden täglich mit neuer Ware beliefert", sagt eine Sprecherin des schwedischen Textilriesen Hennes & Mauritz (H&M), der allein in Hamburg 15 Filialen betreibt. "Damit haben wir natürlich einen Vorteil gegenüber Boutiquen, die vielleicht nur viermal im Jahr neue Kollektionen bestellen." Die Filialisierung sei ein Spiegel der Kundenwünsche, sagt Brigitte Engler vom Citymanagement. "Wenn die Nachfrage nicht da wäre, würden auch nicht immer mehr Filialen derselben Konzerne eröffnen." Es sei geradezu paradox, sagt Linnekogel: "Einerseits beklagen die Kunden den Schwund der Tante-Emma-Läden, andererseits kaufen sie fast ausschließlich bei den Großen."

Wie geht es weiter? "Mir wird bange, wenn ich an die HafenCity denke", sagt Linnekogel. Dort entstehe eine Einkaufsfläche von 60 000 Quadratmetern, die wegen der hohen Mietpreise wahrscheinlich nur von Ketten genutzt werde. "Weil ausreichend Parkplätze geplant sind, wird die HafenCity viele Kunden aus der Innenstadt abziehen. Das spüren die wenigen kleinen Läden."

Peter Wippermann vom Hamburger Trendbüro geht davon aus, dass die Zeiten der identisch aussehenden Einkaufsstraßen vorbei ist: "Hat man vor zwei Jahren noch darauf geachtet, dass die Hamburger Filiale der Kölner Filiale zum Verwechseln ähnelt, setzt man jetzt auf Unterschiede - jedoch nicht beim Sortiment, sondern in der Architektur." Der Effekt: Die Läden wirken einmalig. "Aber hinter der Ladentheke findet mehr Fusion statt, als der Kunde mitbekommt."