Der Innensenator will frühzeitig auf Fehler bei der Integration eingehen und präventiv eingreifen. Die SPD ist skeptisch.

In der Diskussion um Jugendgewalt und eine Verschärfung des Jugendstrafrechts setzt sich Hamburgs Innensenator Udo Nagel (parteilos) für eine bessere statistische Erfassung von Straftätern mit Migrationshintergrund ein. "Wir wollen wissen, wo die Straftäter herkommen und welchen kulturellen Hintergrund sie haben. Nur so kann man frühzeitig auf Fehler bei der Integration eingehen und präventiv eingreifen", sagte Reinhard Fallak, Leiter der Präsidialabteilung der Innenbehörde.

In Hamburg hatten laut der polizeilichen Kriminalitätsstatistik von 2006 rund 30 Prozent der Tatverdächtigen keinen deutschen Pass. Das Verhältnis bei den unter 21-Jährigen fällt nicht viel besser aus, dort hatten 27 Prozent der jugendlichen Straftäter eine andere Nationalität als die deutsche. Bezogen darauf, dass der Ausländer-Anteil bei der Hamburger Bevölkerung insgesamt bei 14 Prozent liegt, ist also der nicht deutsche Anteil bei den Tatverdächtigen überproportional hoch. Weil die Kriminalstatistik nichts darüber aussagt, welchen Migrationshintergrund Menschen haben, die erst später einen deutschen Pass erhalten haben, möchte sich der Senator auf der Innenministerkonferenz im Frühjahr jetzt für detailliertere Angaben einsetzen. So ließen sich auch negative Entwicklungen in den Stadtteilen unter bestimmten Bevölkerungsgruppen besser kontrollieren und Gegenmaßnahmen einleiten.

Auch Polizeipräsident Werner Jantosch und Joachim Lenders, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, halten solche zusätzlichen Angaben für sinnvoll. "Auch ein deutscher Pass sagt nichts über die Herkunft aus. Wir wollen hier keine Pariser Vororte. Daher müssen wir wissen, aus welchen Ländern die Täter kommen und welche Herkunftsgruppen besonders kriminell sind", so Lenders.

Der innenpolitische Experte der SPD, Andreas Dressel, sieht diesen Vorschlag kritisch. "Ich frage mich, wie das laufen soll. Bis zur wie vielten Migrations-generation soll die Statistik denn zurückgehen?"

Dressel fordert die bestehenden Möglichkeiten auszunutzen, wie die vermehrte Anwendung des Erwachsenenstrafrechts bei Heranwachsenden - Straftäter im Alter von 18 bis 21 Jahren - und eine höhere Wachsamkeit für Intensivtäter. Für datenschutzrechtlich problematisch halte er die Erhebung des Migrationshintergrundes allerdings nicht: "Ich bin dafür, Phänomene, wenn es sie gibt, aufzudecken. Und der Anteil der Migranten unter den Tatverdächtigen ist bedenklich hoch." Und Dressel macht auch noch einen neuen Vorschlag: ein Gesetz, dass den Führerscheinentzug für jugendliche Straftäter ermöglicht.

Die Opferschutzorganisation Weißer Ring kritisiert die aktuelle Debatte. Wolfgang Sielaff, Landesvorsitzender des Weißen Rings: "In der ganzen Diskussion kommt mir der Vorbeugeaspekt zu kurz. Es sind mehr Hilfemaßnahmen im häuslichen, schulischen und sozialen Bereich notwendig. Die beste Politik ist immer noch eine qualifizierte Sozialpolitik."