Sie lernen ohne Stundenplan, wählen den Stoff selbst aus und bekommen nur auf Wunsch Noten: 83 Hamburger Schüler besuchen seit Anfang September die “Neue Schule“.
Sie lernen ohne Stundenplan, wählen den Stoff selbst aus und bekommen nur auf Wunsch Noten: 83 Hamburger Schüler besuchen seit Anfang September die "Neue Schule" (Rahlstedt) mit reformpädagogischem Ansatz. Die Gründer, Sängerin Nena, ihr Partner Philipp Palm und zwei Freunde, zogen nach 100 Tagen jetzt eine erste Bilanz.
"Nicht alle Eltern sind begeistert", räumte Nena ein. Vier Kinder wurden bereits von der Schule genommen, weil die Eltern keinen messbaren Erfolg sahen. "Eine Mutter hat sogar einen anonymen Brief an die Bildungsbehörde geschrieben und schwere Vorwürfe gegen unsere Lehrmethoden erhoben", berichtete die Sängerin. Die private Gesamtschule reagierte mit einem gemeinschaftlich verfassten Brief. "Wir haben aufgeschrieben, wo wir stehen und was wir machen", sagte Nena. Sie nimmt die Kritik gelassen. Die meisten Eltern glaubten weiterhin an das Konzept. "Diese Schule ist für Eltern eine größere Herausforderung als für die Kinder", sagte sie. Sie müssten lernen, den Kindern zu vertrauen. Denn an der Neuen Schule lernen die Fünf- bis 17-Jährigen selbstbestimmt, sie sollen ihre Talente frei entfalten und demokratisch mitbestimmen.
Den Kindern und Jugendlichen gefällt das Konzept. "Ich fühle mich hier akzeptiert", sagte etwa die 15-jährige Kim. An ihrer alten Schule war der Unterricht nach einer Stunde zu Ende. "Hier kann ich so lange lernen, bis ich den Stoff verstanden habe. Sogar Rechnen macht mir jetzt richtig Spaß."
Derzeit verbringen die Schüler und Lehrer viel Zeit damit, Regeln für das Miteinander aufzustellen. Dazu Nena: "Die Neue Schule ist kein Heile-Welt-Ort, auch bei uns gibt es alltägliche Konflikte." Doch die Grundidee funktioniere. Kinder lernen in altersübergreifenden Gruppen Spanisch oder Englisch, experimentieren im Labor oder musizieren in der Schulband. Einige der älteren Schüler bereiten sich emsig auf ihren Realschulabschluss vor. "Viele wollen nach Schulschluss gar nicht nach Hause gehen, weil sie so gerne hier sind. Eine schönere Bestätigung für uns gibt es nicht", fasste Nena zusammen.
Sorgen bereitet ihnen jedoch die Finanzierung. "Wir bekommen erst nach dreieinhalb Jahren staatliches Fördergeld", sagte Nenas Lebensgefährte Philipp Palm. Bis dahin betragen die laufenden Kosten etwa 900 0000 Euro. Diese können durch 150 Euro Schulgeld pro Kind nicht gedeckt werden. Die Neue Schule ist deshalb auf Spenden angewiesen.