Bewohner der neu gebauten Häuser an der Hagenbeckstraße werfen dem Makler vor, sie getäuscht zu haben.

Sattes Grün - eine liebevoll angelegte Parkanlage mit Bänken zum Ausruhen direkt im Anschluss an die geräumige Terrasse. Auf diesen Ausblick hatten sich Marion (53) und Bernd (62) Gerstenberger bei ihrem Umzug in das neu erbaute Haus "Seelöwe" an der Hagenbeckstraße gefreut. Doch fünf Monate nach ihrem Einzug in die 76 Quadratmeter große Zwei-Zimmer-Mietwohnung, die rund 960 Euro warm im Monat kostet, ist das Ehepaar mit den Nerven am Ende: "Der Makler hat uns einen Parkblick versprochen, doch jetzt entsteht direkt vor unserer Nase ein Hotelkomplex, und wir schauen auf einen Bauzaun", schimpft Marion Gerstenberger. Hinter dem Bauzaun, der rund elf Meter von der Terrasse der Gerstenbergers entfernt aufgestellt wurde, wird bis zum Frühjahr 2009 das sechsstöckige Lindner Park-Hotel Hagenbeck entstehen. Die Arbeiten laufen auf Hochtouren.

Auch Waltraud Pleß wollte ihren Lebensabend "mit einem unverbaubaren Blick ins Grüne" verbringen und ist jetzt schwer enttäuscht: "Der Makler hat uns arglistig getäuscht. Von einem Hotel war nie die Rede. Jeder Tag in dieser Wohnung, begleitet vom Dauerlärm der Großbaustelle, ist der Horror." Die 72-Jährige war am 1. Juni in das 89 Quadratmeter große Penthouse (rund 1270 Euro warm im Monat) gezogen, gleichzeitig hatte ihr Lebensgefährte Joachim Ulrich (79) eine Wohnung im Nebenhaus bezogen: "An dem Tag unseres Einzugs wurde der Bauzaun hochgezogen. Darüber waren wir völlig überrascht", sagt Ulrich. Dem Abendblatt liegen schriftliche Stellungnahmen weiterer Mieter vor, die ebenfalls angeben, nicht vor ihrem Einzug über den Bau informiert worden zu sein.

Makler Denny D., der die Wohnungen im Auftrag der Buxtehuder Firma Wernst Immobilien vermittelt hatte, bestreitet dies: "Ich habe die Interessenten immer auf den Bau des Hotels hingewiesen und nicht den Blick auf eine Grünanlage versprochen."

In der Präsentationsmappe, die den späteren Mietern vorgelegt wurde, ist in der Tat nichts von einem Hotel zu sehen, sondern eine Grünanlage. Inzwischen ist Denny D. nicht mehr für Wernst Immobilien tätig. Nachdem das Abendblatt den Geschäftsführer Joachim Wernst mit den Vorwürfen der Mieter konfrontiert hatte, bietet dieser jetzt an: "Den Mietern aus den Häusern "Seelöwe" und "Robbe", die nicht mit der Situation leben können, bieten wir an, den Mietvertrag aufzulösen und Umzugskosten zu übernehmen." Aber Wernst betont: "Wir haben definitiv jeden Mieter über den Neubau des Hagenbeck-Hotels informiert."

Die Firma Wernst Immobilien hatte gemeinsam mit zwei weiteren Investoren die Wohnanlage direkt neben dem Tierpark Hagenbeck gebaut. Ende Juni wurden 99 der insgesamt 213 Wohnungen an das Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen verkauft - auch die Häuser "Seelöwe" und "Robbe".

Unterdessen haben mehrere Bewohner ihre Mietzahlungen gekürzt. Rechtsexperte Stefan Schmalfeldt vom Mieterverein zu Hamburg rät "wegen des Baulärms zu Mietkürzungen von bis zu 30 Prozent. Wenn der Makler zudem den Hotelbau verschwiegen haben sollte, sind auch Schadenersatzansprüche denkbar. Dabei geht es um Umzugskosten oder etwaige auf eigene Kosten vorgenommene Einbauten in der Wohnung."