Eltern. Das Mädchen ist schon häufiger ausgerissen. Doch diesmal machen sich die Pflegeeltern große Sorgen um die Zwölfjährige.

"Morgen kommt ihr Schrank. Und ihre Ratte Pauline ist schwanger. Inna muss nach Hause kommen, sie wird Großmutter", Pflegevater Jürgen Weltz (42) wirkt äußerlich gefasst. Schließlich ist die Zwölfjährige schon häufiger ausgerissen. Doch dieses Mal ist alles ein wenig anders. Und so spiegelt sich Sorge in seinem Gesicht, als er sagt: "Inna kennt sich auf der Straße aus. Ich hätte Vertrauen, wenn, ja wenn die Sache mit dem Messermann nicht wäre und nicht zwei Hundertschaften der Polizei einen Wald umgraben würden." Für Inna hat Jürgen Weltz extra sein "Herrenzimmer" geräumt - hat seine Bücher in Pappkartons getan, damit das junge Mädchen eine Bleibe hat. Tochter Judith-Natascha (14) hatte Inna im März zum Abendessen in die Schnelsener Erdgeschosswohnung mitgebracht. "Drei Tage später", erinnert sich Weltz, den das Mädchen heute "Papa" nennt, klopfte es nachts um 2 Uhr an unser Schlafzimmerfenster. "Draußen stand ein kleines, durchgefrorenes Wesen. Es war Inna, die Judith sprechen wollte." Seitdem kümmert sich Familie Weltz um das Mädchen, das seit Juni auch offiziell in der Pflegefamilie leben darf. Doch nicht immer kam Inna in dieser Zeit in ihr neues Zuhause. Dreimal blieb sie in den letzten sechs Monaten weg. Manchmal eine Nacht, einmal vier Tage. "Sie ist kein Mensch, der sich Problemen stellt, läuft eher weg", sagt Jürgen Weltz nachsichtig. Auslöser diesmal könnte Ärger in der Schule sein. Denn nach Aussage ihres Pflegevaters durfte Inna am Mittwoch aus disziplinarischen Gründen in der letzten Schulstunde nicht an einer kleinen Feier der sechsten Klasse zum Ferienbeginn teilnehmen. Offenbar gab es Ärger mit Klassenkameraden. "Ich hatte sie am Morgen mit dem Auto zur Schule gebracht. Inna bat mich, mit dem Bus zurückfahren zu dürfen", sagt der Pflegevater. Die Zwölfjährige besucht erst seit wenigen Wochen eine Integrationsklasse der Gesamtschule Niendorf. Davor lebte sie in einer Luruper Jugendwohnung und mehreren Heimen in Schleswig-Holstein. Auch von dort war sie immer wieder fortgelaufen. 1994 war die kleine Inna mit ihrer Mutter Natalia Ivanova (30) aus St. Petersburg nach Hamburg gekommen. Doch als die Mutter ihren damaligen Lebensgefährten kennen lernte, begannen die Probleme. Natalia Ivanova war überfordert. Erst jetzt , die Mutter hat einen neuen Freund, bessert sich das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter wieder. "Sie hat mich am Dienstag noch besucht, blieb bis halb neun. Gestern hat sie mir auf die Mailbox gesprochen: Mama ich liebe dich, mach dir keine Sorgen", sagt Natalia Ivanova, die mit ihrem Freund und dessen Sohn sehnsüchtig darauf wartet, dass Inna sich endlich meldet. Und auch Pflegemutter Heidi Weltz (47) bittet: "Komm zurück, wir warten auf dich." Zwei Familien in tiefer Sorge um ein Mädchen, das hoffentlich nur zufällig am selben Tag verschwand, an dem ganz in der Nähe ihrer Schule ein Messermann aus einem Gebüsch gesprungen ist.