Hamburger müssen auf einmalige Ausblicke verzichten. Politiker versprachen mehrfach Abhilfe - ohne Erfolg. Geht ein Stück Hamburg für immer verloren?

Jahrzehntelang war er eine der Hauptattraktionen dieser Stadt gewesen. Der Express-Fahrstuhl nach oben, der atemberaubende Blick auf die schönste Stadt Deutschlands. Ein Magnet nicht nur für Hamburger, sondern auch für Touristen. Jedes Jahr besuchten bis zu 250 000 Menschen die Panorama-Plattform oder das Drehrestaurant im Fernsehturm - ließen sich dort "Kuchen satt" schmecken. Für viele Kinder war es das Größte, einmal im Jahr mit Oma und Opa oder der ganzen Familie vom Telemichel aus die Stadt zu erkunden. Es war einmal - denn seit mehr als 2000 Tagen ist der Spaß vorbei. Kinderlachen, fröhliche Geburtstagsgesellschaften oder Hochzeiten? Fehlanzeige.

Seit Januar 2001 ist der Turm für die Öffentlichkeit geschlossen. Ein Nachfolger für das Restaurant fand die Deutsche Funkturm GmbH, eine Telekom-Tochter, bis heute nicht - obwohl es viele Interessenten gab. Immer wieder schrieben sich Politiker die Wiederbelebung des Telemichels auf die Fahnen, bis heute ohne Erfolg. Ist dieses Stück Hamburg für immer verloren? Eine Chronik des Scheiterns:

Dezember 2002: Die damaligen Fraktionschefs Norbert Frühauf (Schill-Fraktion), Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) und Michael Freytag (CDU) gründen eine "Allianz für den Telemichel". Der politische Vorstoß verpufft.

23. Dezember 2002 : CDU-Fraktionschef Michael Freytag sagt im Abendblatt: "Die Stadt kennt das Problem und macht es jetzt zur Chefsache."

September 2003 : FDP-Politiker Burkhardt Müller-Sönksen will einen Förderverein für den Fernsehturm gründen. Es bleibt bei der Ankündigung.

25. September 2003 : Das Abendblatt berichtet über den Plan des "Immobilienfachkreises 360", im Fernsehturm eine multimediale Erlebniswelt mit 3-D-Kino und eine Ufo-Ausstellung einzurichten. Nur eine Idee.

6. Mai 2004 : Bürgermeister Ole von Beust (CDU) in der "Bild"-Zeitung: "Die Verhandlungen zwischen Messe und Telekom sind auf einem guten Weg. Die Plattform kann demnach mit der Inbetriebnahme des ersten Abschnitts der neuen Messe eröffnet werden." Geplant ist März 2005.

April 2005 : Ein Gutachter kommt zu der Erkenntnis, dass der Brandschutz im Telemichel unzureichend ist. Ein möglicher neuer Betreiber oder die Telekom-Tochter müssten zuvor viel Geld investieren.

2006: Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt erstellt ein Gutachten, welche genauen baulichen Anforderungen für den Betrieb der Aussichtsplattform samt Gastronomie erforderlich sind. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts würden allein die Kosten für ausreichende Brandschutzmaßnahmen und die Sanierung der Fahrstühle mindesten vier Millionen Euro verschlingen.

Und wie soll es jetzt weitergehen? Peter Kespohl, Sprecher der Funkturm GmbH, macht wenig Hoffnung: "Wir haben den Mut verloren, dass der Fernsehturm irgendwann mal wieder touristisch genutzt werden kann." Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sagte: "Natürlich würde es mich freuen, wenn der Fernsehturm wieder für Besucher zugänglich würde. Aber angesichts der hohen Investitionen allein für den Brandschutz ist es schwierig, einen Investor zu finden."

Michael Freytag (CDU), inzwischen Finanzsenator, beteuert: "Es gab in den letzten Jahren immer wieder Gespräche mit Investoren und dem Eigentümer, um eine Lösung zu finden. Die kann aber nicht darin liegen, dass die Stadt das kaufmännische Risiko zulasten des Steuerzahlers übernimmt."

Der Bezirksamtsleiter von Mitte, Markus Schreiber (SPD), meint hingegen: "Wir sollten uns bei diesem Thema nicht immer hinter den Kosten verstecken. Fest steht, dass der Telemichel nicht als Touristenattraktion genutzt wird. Und das ist ein Armutszeugnis für eine Weltstadt wie Hamburg."