FESTAKT Bundespräsident würdigt Arbeit an neuem Verfahren zur narbenfreien Heilung.

"Wissenschaft und Forschung sind ein Motor des europäischen Einigungsprozesses", sagte Bundespräsident Johannes Rau am Freitag bei der Verleihung des "Körber-Preises für die Europäische Wissenschaft 2002" im Hamburger Rathaus. Der mit 750 000 Euro dotierte "Hamburger Nobelpreis", wie er weithin genannt wird, geht an fünf Forscher aus Manchester, Zürich und Freiburg, die Erkenntnisse aus Medizin, Biologie, Chemie und Materialforschung vereinigen werden, um einen neuartigen Wundverschluss zu entwickeln. Von dem neuen Material könnten in Zukunft Herz-Patienten mit Bypässen aus Kunststoff profitieren, Opfern von Verbrennungen könnte besser geholfen, hässliche Narben verhindert werden. Auch für rund zwei Millionen Patienten mit chronischen Wunden, als Folge von Diabetes oder Venenleiden, könnte der neue Wundverschluss Hoffnung bedeuten. Der Bundespräsident war vorzeitig von seinem Staatsbesuch aus Russland zurückgekehrt, um als Ehrengast und Festredner an der Verleihung des Preises teilzunehmen, den der unvergessene Hamburger Unternehmer, Stifter und Ehrenbürger Kurt A. Körber gegründet hatte. "Der Preis hat in 18 Jahren die Grenzen zwischen West und Ost nie respektiert, auch im Kalten Krieg nicht; denn Forschung ist frei und muss frei sein von staatlicher Bevormundung", sagte Johannes Rau und gab den Preisträgern diese persönliche Fußnote mit auf den Weg: "Es wäre mir lieber, Sie hätten Ihre Erfindung gemacht, bevor ich vor zehn Jahren in Eppendorf operiert werden musste - aber Sie kommen nicht zu spät!" Rau war damals im UKE eine kranke Niere entfernt worden. Der erste Mann der Bundesrepublik vermisste Loki Schmidt, die Ehefrau des Altbundeskanzlers, und versicherte: "Helmut Schmidt, der Ehrenbürger dieser Stadt, ist dem Bundespräsidenten heute sehr nahe. Wir haben ihm viel zu verdanken!" (großer Beifall). Wie berichtet, liegt Helmut Schmidt nach einem Herzinfarkt und einer Herzoperation immer noch auf der Intensivstation der Universitätsklinik Kiel. Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust, der Gastgeber, sagte: "Der Gedanke an Kurt A. Körber lebt in dieser Stadt fort." Er erinnerte an den Hamburger Apotheker Beiersdorf, der 1882 das erste Heftplaster erfunden hatte. 120 Jahre später arbeiteten Forscher an einem ähnlich revolutionären Wundverschluss aus Kunststoff. Dr. Klaus Wehmeier, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Körber-Stiftung, versicherte, dass die Förderung Hamburgs als internationaler Wissenschaftsstandort ein wichtiges Stiftungsanliegen bleibe. Am Vortag des Geburtstages des Stifters Kurt A. Körber sagte er: "Er lässt die Stadt nicht los! Auch zehn Jahre nach seinem Tod nicht. Er fasziniert immer noch!" Darum waren gestern mehr als 600 Gäste in das Hamburger Rathaus geströmt. Stifter und Anstifter sind wichtiger denn je.