Er soll in Hamburg als Zeuge aussagen, doch Ex-Innensenator Ronald Schill bleibt unerreichbar für die Behörden. Jetzt wird offiziell nach ihm gesucht.

Jetzt fahndet die Polizei nach Hamburgs Ex-Innensenator Ronald Schill: Seit Monaten lebt der ehemalige Politiker im brasilianischen Rio de Janeiro. An der Copacabana wurde er in den vergangenen Monaten mehrfach gesehen. Er hat offenbar keine Pläne, demnächst nach Deutschland zurückzukehren. Doch Schill soll als Zeuge vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum geschlossenen Heim Feuerbergstraße aussagen. Seit mehr als einem halben Jahr soll ihm eine Vorladung zugestellt werden, doch eine Adresse in Brasilien hatte Ronald Schill nicht hinterlassen.

In Deutschland ist Schill noch polizeilich gemeldet

Obwohl der ehemalige Hamburger Innensenator weiß, dass nach ihm gesucht wird, macht er keine Anstalten, sich bei den Hamburger Behörden zu melden. In Deutschland ist er unter der Adresse der Ehefrau eines befreundeten Anwalts polizeilich gemeldet. Doch der Anwalt gab den Behörden gegenüber an, Schill sei "auf Weltreise" und derzeit nicht zu erreichen. Muss Schill jetzt mit seiner Festnahme rechnen?

"Nein", sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA). "Gegen Ronald Schill liegt kein Haftbefehl vor." Im Polizeicomputer ist der ehemalige Politiker zwar ausgeschrieben, aber nur mit einer Aufenthaltsermittlung. Zu diesem Schritt hatte der PUA die Polizei aufgefordert, nachdem die Sozialdemokraten einen Antrag gestellt hatten. Nach dem Paragraf 131a der Strafprozessordnung, die zum großen Teil auch für Untersuchungsausschüsse gilt, kann die "Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder eines Zeugen angeordnet werden".

Wenn Schill bei einem Grenzübertritt überprüft wird, taucht die Aufenthaltsermittlung im Polizeicomputer auf. Schill würde dann von den Beamten darauf hingewiesen werden, dass er in Hamburg aussagen soll.

Der PUA will aufklären, ob in dem geschlossenen Heim Minderjährige rechtswidrig mit Psychopharmaka betäubt und ihrer Freiheit beraubt wurden. Dass Schill sich einfach nach Rio absetzte, ohne sich um die Suche nach ihm zu kümmern, hatte Mitglieder des Untersuchungsausschusses erzürnt.

"Es kann nicht sein, dass der Mann uns von Brasilien aus monatelang eine lange Nase macht", hatte SPD-PUA-Obmann Thomas Böwer gesagt. Schill sei "ein Kernzeuge". Er habe das Thema "Geschlossenes Heim" immer wieder im Senat zur Sprache gebracht. "Wir werden jetzt alle rechtsstaatlichen Mittel ausreizen, um seiner habhaft zu werden."

Die rechtlichen Mittel sind nun erst einmal ausgeschöpft

Böwer zeigte sich am Sonnabend erfreut, dass der Schritt zur Aufenthaltsermittlung gemacht wurde. Damit sind die rechtlichen Mittel nun erst einmal erschöpft. Sollte Schill nach einer Einreise in Deutschland der Aufforderung, sich beim PUA zu melden, nicht nachkommen, könnte ihm jedoch unter Umständen seine Beamten-Pension gestrichen werden. Fraglich ist, was geschieht, wenn Schill weiterhin nicht zurückkehrt. Ihn unter Zwang aus Brasilien zurückholen zu lassen ist so gut wie ausgeschlossen.