Abendblatt:

Herr Giegold, was machen Sie in Hamburg?

Sven Giegold:

Ich wurde eingeladen, um über den "Green New Deal" zu sprechen - unsere zentrale Botschaft, mit der wir auch in den Wahlkampf gehen. Wir sind davon überzeugt, dass man aus der Wirtschaftskrise nur herauskommt, wenn man ökologisch umsteuert und neue Wachstumsmärkte im sozialen und ökologischen Bereich identifiziert und die Wirtschaft tief greifend umgestaltet.



Abendblatt:

Sie sind der Gründer der globalisierungskritischen Bewegung Attac. Nun stehen Sie als Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen auf der anderen Seite und treten für Europa an. Warum dieser Wechsel?

Giegold:

Ich bin nicht frustriert mit Attac, aber ich habe seit 25 Jahren in verschiedenen Bewegungen gearbeitet, habe alles gemacht, was man da machen kann. Jetzt hatte ich einfach Lust, noch mal eine ganz andere Institution zu sehen. Außerdem befinden sich die Grünen gerade in einem politisch sehr interessanten Prozess, den ich gerne mitgestalten möchte.



Abendblatt:

Hoffen Sie, durch die politische Arbeit bei den Grünen mehr zu erreichen als mit Attac?

Giegold:

Ich werde nichts erreichen, wenn der gesellschaftliche Druck nicht anhält. Wir wussten aber auch bei Attac, dass wir nichts mit unseren Forderungen erreichen, wenn es in den Regierungen nicht Menschen gibt, die dem offen gegenüber stehen. Die beiden Seiten gehören zusammen und haben verschiedene Rollen.



Abendblatt:

Wofür wollen Sie sich im europäischen Parlament einsetzen?

Giegold:

Ich werde fünf Jahre lang meinen persönlichen Krieg gegen die Steueroasen führen. Ich verspreche, dass ich alle Hebel in Bewegung setzen werde, die ich zu fassen bekomme, um diesem Unwesen ein Ende zu setzen.



Abendblatt:

Gebeutelt von einer Finanz- und Wirtschaftskrise, wo sehen Sie Europa heute?

Giegold:

Europa steht vor einem Scheideweg. Gerade jetzt in der Krise ist es an der Zeit, grundsätzliche Fragen zu stellen.


Wird es wie bisher eine liberalisierte Wirtschaftszone oder wird es ein sozial-ökologisches Europa?


Abendblatt:

Wie sehen Sie die Chancen für die Grünen?

Giegold:

Wir sind in Europa eine sehr kleine Fraktion. Es ist eine große Last für Europa, dass es dort bisher eine konservativ wirtschaftsliberale Mehrheit gibt. Die Bürger wären klug beraten, sich zu überlegen, von wem sie in dieser wichtigen Institution vertreten werden wollen. Gerade im Moment der Krise glaube ich, dass wir progressive Mehrheiten im Europaparlament brauchen.



Abendblatt:

Apropos Europa: Morgen wird Europa wieder von König Fußball regiert. Ihr Tipp für das Viertelfinal-Rückspiel im Uefa-Pokal zwischen dem HSV und Manchester City?

Giegold:

Ich sag mal 1:1. (Anm. d. Red.: Bei diesem Ergebnis stünde der HSV im Halbfinale!)



Sven Giegold war Gründer von Attac Deutschland und ist jetzt Europakandidat für Bündnis 90/Die Grünen.