Bank gab Millionen-Ausschüttung nicht an. Wiegard (CDU) übernahm Fehler.

Neuer schwerer Vorwurf im Fall HSH Nordbank: Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) hat in einer Antwort auf eine Anfrage von FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki falsche Angaben gemacht. Das wurde am Mittwoch deutlich, als der Hamburger Senat auf eine ähnliche Anfrage des SPD-Abgeordneten Stefan Schmitt eine ganz andere Antwort gab.

Darum ging es konkret: Kubicki hatte mit Bezug auf die umstrittenen - und von der EU mittlerweile gestoppten - MillionenAusschüttungen an stille Einleger gefragt, ob von der ersten Tranche in Höhe von 64 Millionen Euro bereits etwas ausgezahlt worden sei. Die schriftliche Antwort von Wiegard vom 30. März lautete: "Die Ausschüttung in Höhe von ca. 64 Millionen Euro ist noch nicht getätigt worden." Am Mittwoch antwortete der Hamburger Senat jedoch auf die Schmitt-Anfrage: "Ja, es hat im Vorgriff auf die beiden beabsichtigten Ausschüttungen in Höhe von 64 Millionen Euro bzw. 200 Millionen Euro Zahlungen gegeben." Konkret seien 1,085 Millionen Euro an zwei Sparkassen geflossen und "rund 7 Millionen" an die Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement (HGV), eine 100-prozentige Tochter der Stadt. Das Geld floss bereits im Januar bzw. im September 2008 - deutlich vor Wiegards Antwort.

Nach Kubickis Worten habe auch ein Vertreter der Bank selbst in einer öffentlichen Sitzung am 2. April verschwiegen, dass diese Ausschüttungen bereits erfolgt sind: "Damit haben Verantwortliche der HSH Nordbank und der Finanzminister den Abgeordneten des Landtags erneut die Unwahrheit gesagt." Ein Sprecher von Finanzminister Wiegard sprach auf Abendblatt-Anfrage von einem "Fehler": "Wir haben uns auf die Angaben der Bank verlassen, wonach noch keine Ausschüttung erfolgt ist." Die Bank selbst nahm den Schwarzen Peter an: "Für zwei von den mehr als 120 Verträgen mit stillen Einlegern sind die Zinszahlungen bereits im Januar erfolgt", sagte Sprecherin Michaela Fischer-Zernin dem Abendblatt. Das sei bedauerlicherweise übersehen worden. Da die Zahlungen an die Feststellung eines Bilanzgewinns gekoppelt sind - den es nicht gibt -, werde das Geld aber zurückgefordert, ebenso wie die sieben Millionen Euro Vorschuss für die HGV. Unter dem Strich werde es also keine Ausschüttung geben, ein Schaden für die Bank oder die Anteilseigner entstehe nicht.

SPD-Politiker Stefan Schmitt spricht dennoch erbost von einer Vertrauenskrise: "Bank und Senat enthalten Parlament und Öffentlichkeit Informationen vor. Und wenn es Informationen gibt, sind die nicht ausreichend oder irreführend." Kubicki sagt, er fühle sich "von Bank und Landesregierung nur noch zum Narren gehalten". Der Finanzexperte der Linkspartei, Joachim Bischoff, sprach mit Blick auf die Vorab-Ausschüttung von einer "Schweinerei", die aber rechtlich wohl nicht zu beanstanden sei.

Die HSH Nordbank machte 2008 einen Verlust von 2,8 Milliarden Euro. Hamburg und Schleswig-Holstein haben kürzlich ein 13-Milliarden-Euro-Rettungspaket beschlossen: Drei Milliarden fließen direkt, zehn Milliarden als Garantie. In beiden Ländern wird der Fall in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet.