Nach der Schließung des Kindergartens Reventlowstraße erstellt das Bundes-Bauministerium einen Leitfaden für alle deutschen Städte und Gemeinden.
Im Streit um die nach Klagen der Nachbarn geschlossene Kita Reventlowstraße (Othmarschen) ergreift jetzt der Bund die Initiative. Das Bauministerium will eine Regelung finden, mit deren Hilfe die Einrichtung von Kitas auch in reinen Wohngebieten möglich wird. Dazu könnte die Baunutzungsverordnung geändert werden. In einem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt, heißt es dazu: "In Betracht kommt etwa die Änderung der Gebietskategorie ,Reines Wohngebiet' dahingehend, dass auch Kindertagesstätten dort allgemein zulässig sind." Wie Sprecherin Vera Moosmayer sagte, sei das Thema bereits in der vergangenen Woche diskutiert worden.
Wie berichtet, hatten Anwohner der Othmarschener Kita erfolgreich gegen die Einrichtung geklagt, weil das betroffene Grundstück in einem "besonders geschützten" Wohngebiet liegt. Nach kurzem Betrieb war die Kita im vergangenen Jahr wieder geschlossen worden. Ob und wann sie wieder öffnen kann, ist unklar. Offenbar herrscht in den einzelnen Bundesländern Unsicherheit darüber, wie vergleichbare Fälle vermieden werden können. Entsprechend lässt das Ministerium jetzt einen Leitfaden für die Kommunen erstellen, in dem erläutert wird, wie die Städte und Gemeinden mit dem aktuellen Baurecht den Betrieb von Kitas sichern können. Außerdem lässt das Ministerium prüfen, wie hoch der Bedarf für Änderungen baulicher Verordnungen bei den Kommunen überhaupt ist.
Ein von der Bundes-FDP eingebrachter Antrag unter der Überschrift "Mehr Rechtssicherheit und weniger Bürokratie - den Bau von Kindertageseinrichtungen erleichtern", wurde bereits im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Berlin besprochen. Ergebnis: Das Ministerium wird aufgefordert, die Parlamentarier über den Stand der Gespräche mit den Ländern zu informieren und den Entwurf für den angekündigten Leitfaden möglichst schnell vorzustellen.
Die unterschiedliche Regelung sorgt in Hamburg schon lange für Verwirrung, vor allem in reinen Wohngebieten. Während zum Beispiel die Straße Grot Sahl (Rissen) als "Allgemeines Wohngebiet" ausgewiesen ist und es dort eine große Kita gibt, gilt die Gegend um die Reventlowstraße, die im selben Bezirk liegt, als "besonders geschütztes Wohngebiet", in dem Rücksicht genommen werden muss. Die Unterscheidung stammt aus der Baunutzungsverordnung.
Die SPD-Kita-Politikerin Carola Veit sieht die Aktivitäten des Ministeriums positiv. Laut Veit habe sich die SPD-Bürgerschaftsfraktion bereits im November 2008 mit der Problematik an Bauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gewandt. "Ich bin froh, dass nun Bewegung in die Sache kommt. Wir brauchen dringend die Änderung der Baunutzungsverordnung, um Rechtssicherheit für Kitas und Eltern zu schaffen", sagte Veit.
Ganz anders die Bewertung durch die Kinder- und Jugendpolitikerin Christiane Blömeke (GAL), die von einer "enttäuschenden" Aktion spricht. "Bei mir entsteht der Eindruck, dass sich das Ministerium einen weißen Fuß macht und die Verantwortung an die Länder zurückgibt", so Blömeke. Im Übrigen arbeite die Stadtentwicklungsbehörde zurzeit an Plänen, um genau diese Punkte zu klären.