Weil Ahmad-Sobair Obeidi (24) seine deutsch-afghanische Schwester Morsal (16) wohl aus Unzufriedenheit über ihren modernen Lebenswandel mit 23...

Weil Ahmad-Sobair Obeidi (24) seine deutsch-afghanische Schwester Morsal (16) wohl aus Unzufriedenheit über ihren modernen Lebenswandel mit 23 Messerstichen tötete, muss er sich zurzeit wegen Mordes vor dem Landgericht verantworten - gestern beschäftigte das Amtsgericht St. Georg ein Fall mit ähnlichem kulturellen Hintergrund. Opfer war auch dort eine Frau aus Afghanistan, sie wurde von ihrem Ex-Freund gedemütigt und bedroht, sie werde sterben wie Morsal, wenn sie sich mit anderen Männern träfe.

Monatelang saß Najem J. (21) bereits in Untersuchungshaft, weil er seine Ex-Freundin seit September 2007 verfolgte - sie auch körperlich misshandelte. Unter anderem deswegen wurde er am 3. September 2008 vom Amtsgericht Altona zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Nun sitzt er lässig auf seinem Platz, als die brisanten Parallelen zum Morsal-Fall zur Sprache kommen. Najem J. bezeichnete seine Ex-Freundin laut Anklage als "Schlampe" und "Hurentochter". Die Staatsanwaltschaft beruft sich auf die Aussage des Opfers. Demnach habe ihr Najem J. gedroht: Falls sie sich mit einem anderen Mann treffe, werde er dem Rat des ihm bekannten Ahmad Obeidi folgen, der es nicht verstehen könne, warum Najem J. nur auf seine Ex-Freundin eingeschlagen und nicht mit zehn bis zwölf Messerstichen auf sie eingestochen habe. Unklar blieb, ob Najem J. nur "geprahlt" hat oder ob Obeidi ihm tatsächlich diesen Rat gab. Solche Drohung habe es nicht gegeben, sagt sein Anwalt Udo Jacob für seinen Mandanten zu Prozessbeginn.

Doch: Nach einer kurzen Besprechung, einem Rechtsgespräch ohne Öffentlichkeit, ist sein Mandant auf einmal geständig, dafür kommt er mit einer milden Strafe davon: vier Monate Haft auf Bewährung. Dafür muss die psychisch labile Zeugin nicht aussagen.

"Unter Zurückstellung erheblicher Bedenken" habe er noch Bewährung beantragt, sagt der Staatsanwalt in seinem Plädoyer, "das letzte Mal", und betont, es schwebe immerhin nun "drei laufende Bewährungen" über dem Angeklagten: Neben der nun verhängten viermonatigen und der einjährigen Bewährungsstrafe des Amtsgerichts Altona (u .a. wegen Körperverletzung) gibt es auch noch eine achtmonatige Jugendstrafe auf Bewährung. Zudem stehen zehn frühere Jugendverfahren im Bundeszentralregister.

Gerade ein paar Tage war der Angeklagte wieder auf freiem Fuß, frisch verurteilt, als er am 26. September 2008 auf dem Hachmannplatz seiner Ex-Freundin mit dem "Morsal-Schicksal" drohte und prahlte, er werde noch berühmter als Obeidi. Die Anspielung auf den Morsal-Fall nennt der Amtsrichter "in höchstem Maße geschmacklos. Körperliche Wunden heilen irgendwann, aber eine solche Drohung hinterlässt Narben auf der Seele." Eine Drogentherapie müsse er machen, gibt es als Auflage. Artig nickt der Angeklagte, der von Hartz IV lebt. In einer Pause zeigt er, was er von Regeln hält. "Fick dich", raunt er einem Medienvertreter vor dem Saal zu, zeigt den Mittelfinger. Nach dem milden Urteil zeigt er bessere Laune. Lächelnd gibt's ein Küsschen für seine neue Freundin.