Am Morgen gegen 10 Uhr spürte Maren Fischer plötzlich einen stechenden Schmerz im Rücken. “Ich gehe besser gleich zum Arzt“, dachte sich die...

Am Morgen gegen 10 Uhr spürte Maren Fischer plötzlich einen stechenden Schmerz im Rücken. "Ich gehe besser gleich zum Arzt", dachte sich die 33-Jährige. Sie suchte gestern die Praxis ihres Orthopäden in Winterhude auf - und stand vor verschlossenen Türen. Auf ihr Klingeln öffnete eine Sprechstundenhilfe, der Arzt war nicht anwesend. Nicht nur der Orthopäde von Maren Fischer streikte, auch 88 seiner insgesamt 140 Hamburger Kollegen legten aus Protest gegen die Gesundheitspolitik des Bundes für einen Tag die Arbeit nieder.

"Der Streik traf mich ganz unvorbereitet", sagt Maren Fischer. Sie wurde an die Notfallpraxis an der Stresemannstraße in Altona verwiesen. Dort herrschte normaler Betrieb. Denn an den meisten Praxistüren wurden Patienten schon im Voraus durch Plakate und Schreiben der Ärzte über die Gründe für den Streik informiert.

"Wir spüren, dass die Einnahmen um mehr als 20 Prozent zurückgehen", sagt Dr. Volker Carrero (40). Der Orthopäde ist in einer Gemeinschaftspraxis in Winterhude tätig. "Pro Quartal stehen 34,70 Euro für jeden Patienten zur Verfügung. Wie soll ich da eine qualifizierte Behandlung anbieten? Trotz des geringen Budgets sind wir aber verpflichtet, jedem die Versorgung zu geben, die er benötigt." Es fielen nicht nur Kosten für Miete und Personal an, sondern auch für die Anschaffung moderner Behandlungsgeräte, so Carrero.

Die Arbeitsgemeinschaft Hamburger Orthopäden e. V. will mit dem bundesweiten Streik die Politik auf "diese Misere im Gesundheitssystem" aufmerksam machen. Sie kündigt weitere Proteste an, sollte sich die Situation der niedergelassenen Fachärzte nicht verbessern. Sollte dies der Fall sein, geht Carrero davon aus, dass besonders Praxen in Gebieten, in denen überwiegend Kassenpatienten leben, schließen müssen. Die Folge: lange Wartezeiten, weitere Wege zu einem neuen Facharzt, der die Vorgeschichte nicht kennt.

"Wir glauben nicht, dass wir den Streik auf dem Rücken der Patienten ausgetragen haben", sagt er und hofft, dass sich diejenigen einsichtig zeigen, die vergeblich einen Orthopäden aufsuchten. So wie Maren Fischer: "Generell habe ich Verständnis für den Streik. Für mich ist nur ärgerlich, dass bei mir gerade heute Beschwerden aufgetreten sind."